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Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 05.10.2012
10 U 13/12 -

Schadensersatzanspruch aufgrund eines Schlaglochs von 20 cm Tiefe

Sofortige Sicherungsmaßnahmen sind erforderlich

Weist eine vielbefahrene Hauptstraße ein Schlagloch von 20 cm Tiefe auf, so sind vom Straßenbaulastträger sofortige Sicherungsmaßnahmen auszuführen. Das Aufstellen von Warnschildern genügt nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2011 wurde gegen 17.30 Uhr ein Auto durch zwei Schlaglöcher auf einer vielbefahrenen Straße beschädigt. Die beiden großflächigen Schlaglöcher waren 16 bzw. 20 cm tief. Die zuständige Gemeinde als Straßenbaulastträgerin wusste von den Schlaglöchern. Sicherungsmaßnahmen hat sie nicht ausgeführt. Der klägerische Autofahrer verlangte nunmehr Schadensersatz. Das Landgericht Halle gab der Klage mit der Begründung statt, die Gemeinde habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie trotz der ihr bekannten Schlaglöcher keine Sicherungsmaßnahmen vornahm. Die Gemeinde legte dagegen Berufung ein.

Gemeinde hat für Schaden gehaftet

Das Oberlandesgericht Naumburg entschied gegen die Gemeinde. Diese habe gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG für den Schaden des Autofahrers gehaftet. Denn sie habe ihre Verkehrssicherungspflicht wegen der unzureichenden Sicherung der Schlaglöcher in schwerwiegender Weise schuldhaft verletzt.

Sofortige Sperrung wäre notwendig gewesen

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts wäre, angesichts einer Schlaglochtiefe von 20 cm und der Verkehrsbedeutung der Straße, das bloße Aufstellen von Warnschildern oder eine drastische Geschwindigkeitsreduzierung nicht ausreichend gewesen. Solche Maßnahmen signalisieren dem Autofahrer nämlich, dass die Gefahrenstelle mit besonderer Vorsicht und langsam befahrbar sei. Dies sei jedoch bei einer Schlaglochtiefe von 20 cm nicht der Fall. Die Gemeinde hätte daher die Gefahrenstelle sofort sperren oder beseitigen müssen.

Dann erwiesen sich die genannten Gefahrschilder und Geschwindigkeitsreduzierungen letztlich als trügerisch, denn die Gefahrstelle sei eben nicht mit angepasster, wesentlich reduzierter, besonders vorsichtiger Fahrweise gefahrlos passierbar. Eine ordnungsgemäße Befahrbarkeit der Straße müsse in jedem Fall gewährleistet sein (vgl.: OLG Celle, Urteil v. 08.02.2006 - 8 U 199/06; OLG Koblenz, Urteil v. 03.03.2008 - 12 U 1255/07).

Entscheidung ist nicht zu verallgemeinern

Dies bedeute jedoch nicht, so das Oberlandesgericht weiter, dass generell erst bei einer Tiefe des Schlaglochs von 20 cm eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Betracht komme. Auch der umgekehrte Fall, wonach bei einer Schlaglochtiefe von weniger als 20 cm generell eine Verkehrssicherungspflichtverletzung ausscheide, sei nicht zu verallgemeinern. Es komme immer auf den Einzelfall an.

Mitverschulden des Autofahrers lag nicht vor

Dem Autofahrer sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts kein Mitverschulden gemäß § 254 BGB anzulasten gewesen. Da die Schlaglöcher sehr schlecht erkennbar waren, habe kein schuldhafter Verstoß gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO vorgelegen. Ebenso sei die Betriebsgefahr des klägerischen Pkw hinter das schwerwiegende Verschulden der Gemeinde vollständig zurückgetreten.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2013
Quelle: Oberlandesgericht Naumburg, ra-online (vt/rb)

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