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Ein Zahnarzt kann für eine Behandlung mittels Infiltrations- oder Leitungsanästhesie haften, wenn er den Patienten über die als echte Alternative mögliche Behandlung mittels intraligamentärer Anästhesie nicht aufgeklärt hat und die vom Patienten für den zahnärztlichen Eingriff erteilte Einwilligung deswegen unwirksam gewesen ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1982 geborene Kläger aus Bielefeld suchte im Juli 2013 die Zahnarztpraxis des beklagten Zahnarztes in Bielefeld auf. Er litt unter Zahnschmerzen im Unterkiefer und gab an, Angstpatient zu sein. Der Beklagte erneuerte die Verplombung zweier Zähne im Unterkiefer und betäubte den zu behandelnden Bereich des Unterkiefers zuvor mittels Leitungsanästhesie, indem er dem Kläger eine Betäubungsspritze setze. Eine Behandlung mittels intraligamentärer Anästhesie, bei der eine Minikanüle in die Bänder des Zahnhalteapparates eingeführt wird, zog der Beklagte nicht weiter in Betracht und klärte den Kläger insoweit nicht auf. Am Tage nach der Behandlung teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass seine Zunge kribbeln würde und taub sei. In der Folgezeit hat der Kläger geltend gemacht, der Beklagte habe beim Spritzen behandlungsfehlerhaft den Zungennerv geschädigt. Mit Ausnahme ihrer Spitze sei seine Zunge dauerhaft gefühllos geworden. Außerdem sei er vor der Behandlung nicht über eine mögliche Nervschädigung aufgeklärt worden. Vom Beklagten hat der Kläger deswegen
Die Klage war teilweise erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm sprach dem Kläger
Allerdings hafte der Beklagte, weil seine Behandlung mangels wirksamer Einwilligung des Klägers insgesamt rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte habe es versäumt, den Kläger über die - neben der Leitungsanästhesie bestehende - Möglichkeit einer intraligamentäre Anästhesie aufzuklären. Über mehrere gleichermaßen indizierte, übliche Behandlungsmethoden habe ein Arzt aufzuklären, wenn die Methoden unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufwiesen. In diesem Fall habe der Patient eine echte Wahlmöglichkeit, so dass ihm die Entscheidung überlassen bleiben müsse, auf welchem Wege die Behandlung erfolgen solle und auf welches Risiko er sich einlassen wolle.
Im vorliegenden Fall der Behandlung eines Angstpatienten sei die intraligamentäre Anästhesie eine echte Behandlungsalternative zur Leitungsanästhesie gewesen. Beide Behandlungsmethoden wiesen unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen auf. Die Leitungsanästhesie habe den Vorteil, dass sie vergleichsweise schnell durchgeführt werden könne. Als Nachteil sei bei ihr insbesondere die Gefahr - wenn auch sehr seltener - Nervverletzungen zu berücksichtigen. Der Vorteil der intraligamentären Anästhesie liege insbesondere darin, dass eine Nervverletzung nicht möglich sei. Allerdings sei bei ihr nachteilig, dass sie beim betäubten Zahn für bis zu 24 Stunden eine Aufbissempfindlichkeit hervorrufen und dass es zu Nekrosen an der Schleimhaut und dem Zahnfleisch in den Zahnzwischenräumen kommen könne. Eine Situation, die eine intraligamentäre Anästhesie aus zahnmedizinischen Gründen ausgeschlossen hätte, habe beim Kläger nicht vorgelegen.
Die ligamentäre Anästhesie habe jedenfalls im Jahre 2013 zum Standard in der ambulanten zahnmedizinischen Praxis gehört, über die ein Patient - auch nach der Einschätzung des zahnmedizinischen Sachverständigen - aufzuklären sei, damit er die einzusetzende Anästhesieform auswählen könne. Dass die zahnmedizinische Praxis von der insoweit gebotenen Aufklärung aus Zeitgründen absehe, ändere die bestehende
Schließlich sei die Behandlung des Klägers auch nicht aufgrund einer hypothetischen Einwilligung gerechtfertigt gewesen. Für den Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung habe der Kläger einen - die Annahme einer hypothetischen Einwilligung ausschließenden - Entscheidungskonflikt hinreichend glaubhaft gemacht. Dem Kläger stehe ein
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.05.2016
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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