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Ein ernsthafter Testierwillen kann nicht feststellbar sein, wenn das vermeintliche Testament nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem Stück Papier oder einem zusammengefalteten Pergamentpapier errichtet worden ist. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Die im Juli 2013 im Alter von 102 Jahren verstorbene, verwitwete Erblasserin war Eigentümerin eines Hausgrundstücks in Lübbecke. Sie hinterließ eine in Preußisch Oldendorf lebende Tochter, drei Enkel in Lübbecke und eine Enkelin in Münster. Die Enkelkinder stammten von dem im Jahr 2009 vorverstorbenen Sohn H. der Erblasserin ab.
In der Annahme gültige Testamente der Erblasserin in den Händen zu haben, aus denen sich eine Erbeinsetzung ihres Vaters H. ergebe, legten die Enkel im April 2014 zwei Schriftstücke aus dem Jahre 1986 vor. Bei einem dieser Schriftstücke handelte es sich um einen ca. 8x10 cm großen, per Hand ausgeschnittenen Zettel mit nebenstehender handschriftlicher Aufschrift. Unter dieser folgten die Angabe 1986 und ein Schriftzug mit dem Nachnamen der Erblasserin. Bei dem zweiten Schriftstück, einem mehrfach gefalteten Stück Pergamentpapier, finden sich die gleichen Worte in leicht abgewandelter Anordnung. Auf der Grundlage der vorstehenden Schriftstücke beantragten die Enkel einen die vier Enkelkinder als Miterben ausweisenden Erbschein. Sie vertraten die Auffassung, die Schriftstücke seien Testamente der Erblasserin mit einer Erbeinsetzung zugunsten ihres vorverstorbenen Vaters, an dessen Stelle sie als Miterben zu gleichen Teilen getreten seien.
Der Erbscheinantrag ist vor dem Amtsgericht Lübbecke erfolglos geblieben. Das Amtsgericht wies den Erbscheinantrag zurück. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte diese erstinstanzliche Entscheidung.
Es könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei den beiden Schriftstücken um letztwillige Verfügungen der Erblasserin handele, entschied das Oberlandesgericht Hamm. Die Errichtung eines Testaments setze einen ernstlichen Testierwillen des Erblassers voraus. Er müsse eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen, bloße Entwürfe eines Testaments reichten nicht aus. Im vorliegenden Fall bestünden Zweifel am ernstlichen Testierwillen der Erblasserin. Erhebliche Zweifel folgten schon aus dem Umstand, dass die vermeintlichen Testamente nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und einem gefalteten Bogen Pergamentpapier geschrieben worden seien.
Nach der äußeren und der inhaltlichen Gestaltung sei ein
Gegen das Vorliegen von Testamenten spreche zudem der Umstand, dass beide Schriftstücke auf das Jahr 1986 datiert sein. Ein Grund für die Errichtung von zwei nahezu inhaltlich identischen Testamenten innerhalb eines Jahres sei nicht ersichtlich. Das Vorliegen zweier inhaltlich ähnlicher Schriftstücke auf ungewöhnlichen Schreibunterlagen spreche vielmehr dafür, dass es sich lediglich um schriftlich dokumentierte Vorüberlegungen oder Entwürfe handele.
Schließlich seien die Schriftstücke mit diversen unwichtigen und wichtigen Unterlagen ungeordnet in einer Schatulle aufgefunden worden. Auch dies lasse nicht notwendig auf einen ernsthaften Testierwillen beim Verfassen der Schriftstücke schließen. Die Erblasserin müsse die Schriftstücke nicht bewusst aufbewahrt, sondern könne diese lediglich vergessen haben.
Der Umstand, dass die Erblasserin in der Folgezeit kein weiteres abweichendes bzw. klarstellendes
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.01.2016
Quelle: ra-online, OLG Hamm (pt/pm)
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