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Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 19.11.2013
2 U 3/13 -

Fluggäste haben bei Flugannullierung wegen fehlender Enteisungsmittel Anspruch auf Entschädigung

Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge begründet keine außergewöhnlichen Umstände

Fluggäste deren Flug bei winterlichen Wetterbedingungen wegen fehlenden Enteisungsmittels storniert wird, haben Anspruch auf Entschädigung. Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge begründet keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Flug­gast­rechte­verordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004)*. Dies entschied das Brandenburgische Oberlandesgericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls buchte für den 10. Dezember 2010 für 24 Personen einen Flug von Berlin nach Rom. Der Flug wurde nicht durchgeführt. Das beklagte Luftfahrtunternehmen begründete dies damit, dass ein allgemeiner Mangel an Enteisungsmitteln geherrscht habe. Der Kläger machte auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Fluggastrechteverordnung Ausgleichsansprüche geltend.

Luftfahrtunternehmen muss für Bereitstellung von erforderlichen Betriebsstoffen für eingesetzte Flugzeuge sorgen

Das Landgericht Potsdam hat die beklagte Fluggesellschaft zur Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe von 250 Euro pro Fluggast verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Brandenburgische Oberlandesgerichts aus, dass ein Luftfahrtunternehmen dafür sorgen müsse, dass für von ihm eingesetzte Flugzeuge die erforderlichen Betriebsstoffe bereitstehen. Hierzu zähle bei winterlichen Wetterbedingungen auch Enteisungsmittel. Nach dem Zweck der Verordnung, Fluggastrechte zu stärken, spiele es keine Rolle, ob die Beschaffung des Enteisungsmittels an dem betroffenen Flughafen einem Dienstleister obliegt.

Enteisung gehört bei winterlichen Bedingungen zu vorhersehbar notwendigen Vorbereitungen eines Fluges

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. September 2013 zum Fall der Flugannullierung infolge Vogelschlags zwinge nicht zu einer abweichenden Bewertung. Vogelschlag greife von außen in den Flugbetrieb ein und sei nicht vorhersehbar; die Enteisung gehöre demgegenüber zur vorhersehbar notwendigen Vorbereitung eines Fluges unter winterlichen Bedingungen. Ein Mangel an Enteisungsmitteln sei auch tatsächlich beherrschbar, denn er lasse sich durch rechtzeitige Beschaffung und Vorratshaltung vermeiden. Ein im Einzelfall auftretender Lieferengpass mache einen Mangel an Enteisungsmittel nicht seiner Natur nach unbeherrschbar, und zwar auch dann nicht, wenn die entsprechende Bevorratung mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Der Schutz der Fluggäste rechtfertige auch erhebliche negative wirtschaftliche Folgen für das jeweilige Luftfahrtunternehmen.

* Verordnung (EG) Nr. 261/2004

Artikel 5 Annullierung

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt [...]

[...]

(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

[...]

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.11.2013
Quelle: Brandenburgisches Oberlandesgericht/ra-online

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