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Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Landeshauptstadt Stuttgart das Bürgerbegehren "Ausstieg der Stadt aus dem Projekt Stuttgart 21" zu Recht nicht zugelassen hat, da es auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger sind Vertrauensleute und Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens "Ausstieg der Stadt aus dem Projekt Stuttgart 21". Sie halten die Mischfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch Beiträge des Bundes, des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart wegen Verstoßes gegen Artikel 104 a Absatz 1 GG für verfassungswidrig und sehen darin einen Grund, mit dem die beklagte Landeshauptstadt Stuttgart ihre Beteiligung an dem Projekt beenden kann. Die Beklagte hat das
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat diese Rechtsauffassung bestätigt. Das
Das in dieser Vorschrift verankerte "Konnexitätsprinzip" verbiete, dass der Bund die Erfüllung von Aufgaben mitfinanziere, für die ausschließlich Länder und Gemeinden zuständig seien, und dass Länder und Gemeinden die Wahrnehmung von Aufgaben mitfinanzierten, die zur alleinigen Verwaltungszuständigkeit des Bundes gehörten. Es verbiete aber nicht, dass Bund, Länder und Gemeinden bei der Wahrnehmung jeweils eigener Aufgaben zusammenarbeiteten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Solche "Mit-Finanzierungen" seien zulässig, wenn sich die Verwaltungszuständigkeiten verschiedener Hoheitsträger bei der Verwirklichung eines Projekts überschnitten, also jeder Hoheitsträger eigene, definierbare Aufgaben erfülle. Nicht zulässig sei dagegen, wenn ein Hoheitsträger außerhalb seiner Zuständigkeit alleinige Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers (mit-)finanziere.
Die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei aufgrund ihrer kommunalen Zuständigkeit für die städtebauliche Entwicklung gerechtfertigt. Die Beklagte wolle 100 ha bisheriger Bahnflächen in bester Innenstadtlage unter Beibehaltung des zentralen Bahnhofsstandorts städtebaulich entwickeln. Sie habe durch Abschluss der Projektverträge und Geltendmachung ihrer Belange im Planfeststellungsverfahren aktiv darauf hingewirkt, dass eine zur Verwirklichung dieses städtebaulichen Ziels vorzugswürdige Planungsvariante verwirklicht werde. Von einem bloßen "Kollateralnutzen“, etwa wenn eine Kommune ohne eigenes Zutun und Wahrnehmung eigener Aufgaben von einer Projektplanung profitiere, könne daher keine Rede sein. Vielmehr handele es sich um ein Verkehrs- und Städtebauprojekt, bei dem sich die Aufgaben verschiedener Hoheitsträger mit entsprechenden Finanzierungskompetenzen überschnitten.
Der Anteil der Beklagten an den 4.526 Mio. Euro Gesamtkosten belaufe sich auf ca. 11,1 %, bestehend aus 291,83 Mio. Euro Finanzierungs-/Risikobeteiligung und 212 Mio. Euro Zinsverzicht. Dieser Finanzierungsanteil sei auch in seiner Höhe mit Artikel 104 a Absatz 1 GG vereinbar. Der Beklagten sei wegen der nötigen prognostischen Einschätzung von Effekten für die Stadtentwicklung und wegen der teilweise nicht möglichen Bestimmbarkeit von Kosten ein weiter Beurteilungsspielraum bei der Eingehung vertraglicher Pflichten zur Mitfinanzierung des Projekts zuzubilligen. Überprüft werden könne danach nur, ob die Beklagte den Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt habe. Gemessen daran beruhten die finanziellen Verpflichtungen der Beklagten auf einer vertretbaren Bewertung des städtebaulichen Interesses an dem Projekt. Für eine Verletzung des Willkürverbots sei nichts ersichtlich.
Der Gemeinderat habe auf zutreffender Tatsachengrundlage entschieden. Größe und Lage der freiwerdenden Flächen und das sich daraus ergebende städtebauliche Entwicklungspotential seien ihm ebenso wie die weiteren mit dem Projekt verbundenen städtebaulichen Effekte bekannt gewesen. Er habe aus den ihm vorliegenden Unterlagen auch die Höhe des Mitfinanzierungsanteils ersehen können.
Der Verzicht auf die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises für das Bahngelände für die Zeit, in der es noch nicht - wie kaufvertraglich vereinbart - der Beklagten übergeben worden ist, sei ebenfalls als Finanzierungsanteil der Beklagten zu bewerten. Die Beklagte habe den Wert dieses Verzichts zutreffend auf 212 Mio. Euro bestimmt. Es sei sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden, dass der zum 31. Dezember 2001 fällig gewordene Kaufpreis von 424.372.261,40 Euro Bemessungsgrundlage der Verzinsung sei. Mit dem Änderungsvertrag zum Kaufvertrag, dem der Gemeinderat am 4. Oktober 2007 zugestimmt habe, sei dem Umstand Rechnung getragen worden, dass die ursprünglich vereinbarten Termine für die Freimachung der Grundstücke aufgrund des verzögerten Baubeginns nicht einzuhalten waren. Es sei daher vereinbart worden, dass Verzugszinsen erst ab Januar 2021 zu zahlen seien. Der entrichtete Kaufpreis sei kein Finanzierungsanteil im Sinne des Artikels 104 a Absatz 1 GG, da die Beklagte mit dem Eigentum an den erworbenen Grundstücken einen Gegenwert erhalten habe. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen nicht marktgerechten Kaufpreis, der einen versteckten Finanzierungsanteil darstellen könnte. Das gelte auch für die Regelungen zum Altlasten- und Bodenrisiko im Kaufvertrag. Die Finanzierungsanteile der Flughafen Stuttgart GmbH und des Verbandes Region Stuttgart müssten außer Betracht bleiben, da nur die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 Gegenstand des Bürgerbegehrens sei.
"Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt."
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.05.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online
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Dokument-Nr. 20994
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