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Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 07.04.2011
6 K 1487/10 -

Gemeinderatsmitglied hat keinen Anspruch auf förmliche Beteiligung des Gemeinderats bei Entscheidungen der unteren Baurechtsbehörde

"Weinheimer Kommunalverfassungsstreit"

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einem sog. kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit die Klage eines Gemeinderatsmitglieds der Stadt Weinheim gegen den Oberbürgermeister der Stadt abgewiesen, mit der der Kläger die Beteiligung des Gemeinderats an Entscheidungen über die Zulässigkeit von einzelnen Bauvorhaben nach dem Baugesetzbuch erreichen wollte. Diese Entscheidungen werden in Weinheim allein durch das Bauamt der Stadt ohne Gemeinderatsbeteiligung getroffen.

Mit seiner Klage machte der Kläger u.a. geltend, Entscheidungen nach den einschlägigen Vorschriften des Baugesetzbuchs über die Zulässigkeit einzelner Bauvorhaben seien mit Blick auf die konkreten Einzelfälle Ermessensentscheidungen baupolitischer Art, für die der Gemeinderat zuständig sei. Eine Kompetenzübertragung seitens des Gemeinderats auf den Oberbürgermeister habe nicht stattgefunden.

Dem ist die 6. Kammer nicht gefolgt. Sie hat in ihrer Entscheidung ausgeführt: Die vom Kläger beanspruchte Mitentscheidungskompetenz als Gemeinderatsmitglied in Fällen, bei denen es um die Zulässigkeit von einzelnen Bauvorhaben nach dem Baugesetzbuch gehe, komme nicht in Betracht. Eine solche Kompetenz könne allein auf der im Baugesetzbuch vorgesehenen Beteiligung von Gemeinden im Rahmen des sog. Einvernehmens der Gemeinde beruhen. Diese Regelung finde aber keine Anwendung, wenn - wie im Fall der Stadt Weinheim - die Gemeinde zugleich staatliche untere Baurechtsbehörde sei. In Fällen der Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde sei das Einvernehmen der Gemeinde nicht nur entbehrlich, sondern der Gemeinde fehle auch die Befugnis, sich den Anwendungsbereich dieser Regelung selbst zu eröffnen und die sich aus der Vorschrift ergebenden Rechtsfolgen nutzbar zu machen. Die im Baugesetzbuch vorgesehene Beteiligung einer Gemeinde regele ausschließlich das Verhältnis von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde eines anderen Rechtsträgers.

Zweck des Einvernehmenserfordernisses sei es, durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes die planungsrechtlichen Grundlagen für die Zulässigkeit eines beantragten einzelnen Bauvorhabens noch ändern und zur Sicherung der Planung die Mittel der Veränderungssperre oder der Zurückstellung von Baugesuchen ergreifen zu können. Bei jenen Gemeinden, für die - wie im vorliegenden Fall - kein Einvernehmenserfordernis bestehe, komme nur eine andere Beteiligung des Gemeinderats als die Form der Mitentscheidung in Betracht. In diesen Gemeinden müsse jeweils intern geklärt werden, wie die für die Bauleitplanung zuständigen Gremien über Bauvorhaben informiert werden, die die städtebauliche Planung berührten. Nur so könne die für die Planung zuständige Stelle mögliche Sicherungsmaßnahmen (Veränderungssperre, Zurückstellung des Bauantrags) ergreifen oder auch nur eine Stellungnahme abgeben. Dementsprechend sehe die Hauptsatzung der Stadt Weinheim vor, dass auf den Ausschuss für Umwelt und Technik das Aufgabengebiet „Information über laufende Baugenehmigungsverfahren bei für die Stadt- und Ortschaftsentwicklung besonders bedeutsamen Vorhaben zur Wahrnehmung der gemeindlichen Planungshoheit“ übertragen werde.

Berufung zugelassen

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Berufung gegen das Urteil des VG Karlsruhe mit Beschluss vom 14.12.2011 (Az. VGH BW 1 S 1479/11) zugelassen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2012
Quelle: ra-online, VG Karlsruhe (pm/pt)

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