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Ein als linksextrem eingestufter Lehrer aus Heidelberg darf weder in Baden-Württemberg noch in Hessen unterrichten. Das hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe am 10. März 2006 entschieden und damit eine Klage des Lehrers abgewiesen. Das Gericht teilte nun die Entscheidungsgründe mit.
Es bestehen Zweifel, ob der Heidelberger Realschullehrer den Anforderungen an die Treuepflicht eines Beamten gerecht wird, entschied die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in ihrem Urteil vom 10. März 2006, deren Entscheidungsgründe heute bekannt gegeben wurden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.
Der Kläger, der im Sommer 2002 in Heidelberg sein Lehramtsstudium mit guten Noten abgeschlossen hatte, bewarb sich beim damals zuständigen Oberschulamt für eine Stelle als Realschullehrer im Schuldienst des Landes und stand zunächst für Februar 2004 zur Einstellung als Beamter auf Probe an. Wegen seiner Aktivitäten im linksextremen Spektrum des Heidelberger Raums, über das der Verfassungsschutz die Einstellungsbehörde unterrichtete, lehnte das Oberschulamt die Bewerbung des Klägers nach einem vertieften Einstellungsgespräch dann im August 2004 ab. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit der Mitgliedschaft des Klägers in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AI HD), zu deren Zielen sich der Kläger bekenne. Dies begründe Zweifel an seiner Verfassungstreue. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht. Er ist der Auffassung, seine Aktivitäten seien lediglich Zeichen seines langjährigen demokratischen Engagements, insbesondere gegen Krieg und Faschismus. Gewalt lehne er ab. Sein Verhalten im Unterricht sei nie bemängelt worden.
Das Verwaltungsgericht lehnte seine Klage ab und legt nunmehr die Entscheidungsgründe vor:
Die vom Gesetz geforderte Treuepflicht verlange von einem Beamten, dass er sich aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetze, so wie sie in über 50 Jahren Verfassungswirklichkeit und Verfassungsentwicklung gelebt und gesichert worden sei, heißt es in den Urteilsgründen. Zwar müsse der Beamte sich nicht mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung identifizieren und dürfe mit Augenmaß auch Kritik an Erscheinungen des Staates üben. Von Gruppen, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren, müsse er sich jedoch kompromisslos distanzieren. Dies sei beim Kläger nicht gewährleistet.
Zwar verfolge die politisch linksorientierte autonome Szene, in der sich der Kläger seit Anfang der 90-er Jahre in Heidelberg bewege, mit ihrem Kampf für eine Welt ohne Rassismus, Ausbeutung und Krieg ohne Zweifel positive und verfassungsgemäße Ziele. Die Verfassungsschutzberichte des Bundesministeriums des Inneren und des Innenministeriums Baden-Württemberg berichteten jedoch übereinstimmend seit Jahren, dass sich der "Antifaschismus" der linksextremen Gruppierungen seit jeher nur vordergründig gegen den Rechtsextremismus richte und in Wahrheit ein gewaltbereiter Antifaschismus mit System überwindender Stoßrichtung gepflegt werde. Dies gelte auch für die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die nach ihrem Grundlagenpapier "Wir über uns!" überzeugt sei, dass "sich auf parlamentarischem Weg an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen nichts Grundlegendes ändern lässt". Mit ihren weiteren Ausführungen über die "Kontinuität zwischen nationalsozialistischem Staat und der Bundesrepublik Deutschland" überschreite sie die Grenzen einer legitimen Kritik unseres Staates und seiner Verfassung und diffamiere die Bundesrepublik Deutschland haltlos. Kaum verhüllt werde zum Kampf gegen die Grundlagen unseres Staates und die ihn tragende Gesellschaft aufgerufen. Kennzeichen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland sei jedoch der radikale Bruch mit der extrem autoritären, im Rechtswesen völlig willkürlichen und insgesamt menschenfeindlichen Staatsordnung des so genannten Dritten Reiches und die Verwirklichung einer in jeder Hinsicht gegenteiligen Ordnung. Wer dies grundsätzlich leugne, wende sich gegen diese Verfassung.
Der Kläger habe sich grundsätzlich zu dem Inhalt des Grundlagenpapiers der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bekannt und es sei nachvollziehbar und für die Kammer zu akzeptieren, dass seine späteren Erklärungen die Zweifel der Schulbehörden an seiner Verfassungstreue nicht ausgeräumt hätten. Der Einsatz des Klägers als engagierter Streiter gegen Rechts und für friedliche Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht schlössen eine tiefgreifend negative Einstellung gegenüber dem Staat und seiner Verfassungsordnung nicht aus, heißt es in den Entscheidungsgründen weiter. Auch wer aus übersteigerter Sensibilität für bestimmte positive Prinzipien oder aus lebensfremdem Idealismus heraus den Staat und das Handeln seiner Verfassungsorgane wegen stets möglicher Missstände verachte, grundsätzlich ablehne und bekämpfe, sei als Beamter ungeeignet, weil er die besondere politische Treuepflicht nicht garantieren könne.
Auf die Verfassungstreue seiner Beamten sei der Staat auch nicht nur in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen sondern auch in Zukunft angewiesen. Dies gelte im Besonderen für Lehrer, die wie der Kläger es wolle - die heranwachsenden Generationen in der Landessprache, in Geschichte und Gemeinschaftskunde unterrichteten.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 6/2006 des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 21.03.2006
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Dokument-Nr. 2102
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