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Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 20.09.2010
9 K 1059/10 u.a -

VG Gießen: Verhalten von Ordnungsbehörden und Polizei anlässlich einer Demonstration des NPD-Landesverbandes rechtswidrig

Polizeiliches Handeln hätte in erster Linie Schutz vor Gegendemonstranten gelten müssen

Die Maßnahmen von Ordnungsbehörden und Polizei die letztlich zur Verhinderung einer Demonstration des NPD-Landesverbandes führten, waren rechtswidrig. Das polizeiliche Handeln hätte in erster Linie der Durchführung der ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration der NPD und deren Schutz vor den Behinderungen durch die Gegendemonstranten gelten müssen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Gießen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der NPD-Landesverband Hessen für den 1. August 2009 einen Aufzug unter dem Motto „Deutsche wehrt euch gegen Islamisierung und Überfremdung!“ angemeldet, der mehrere Gegendemonstrationen auf den Plan rief.

Versammlung mangels Einigung über alternativen Verlauf des Aufzugs vom Versammlungsleiter beendet

Trotz der vorgesehenen räumlichen Trennung des NPD-Aufzugs von den Gegenveranstaltungen kam der Aufzug bereits nach wenigen Metern zum Stehen, da mehrere hundert Personen die Aufzugsstrecke im Bereich Hanauer Straße/Ecke Karlsbader Straße blockierten, um ihren Protest auszudrücken. Die Polizei sah jedoch von einer Räumung der Aufzugsstrecke ab, da sich unter den z.T. vermummten Gegendemonstranten teilweise bekannt gewaltbereite Störer, aber auch Kinder und Alte befanden. Eine Einigung über einen alternativen Verlauf des Aufzugs konnte vor Ort nicht erzielt werden, so dass die Versammlung vom Versammlungsleiter beendet wurde.

Versammlungs- und Polizeirecht gebietet ein Vorgehen gegen den Störer

Das Gericht stellte nun die Rechtswidrigkeit des polizeilichen Handels fest, das in erster Linie die Durchführung der ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration der NPD und deren Schutz vor den Behinderungen durch die Gegendemonstranten hätte gelten müssen. Das Recht auf Demonstrationsfreiheit konnten diese nämlich nicht für sich in Anspruch nehmen, da ihr Ansinnen allein der Verhinderung der ordnungsgemäß angemeldeten NPD-Demonstration galt. Das durch das Grundgesetz geschützte Recht der NPD auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung hätte nur dann zurücktreten müssen, wenn Maßnahmen gegen die Gegendemonstranten nicht möglich gewesen wäre. Davon war das Gericht jedoch nicht überzeugt. Das Versammlungs- und Polizeirecht gebiete ein Vorgehen in erster Linie gegen den Störer, nicht gegen den, der sich seinen Rechten entsprechend verhalte.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.09.2010
Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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