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Sozialgericht Leipzig, Gerichtsbescheid vom 12.02.2015
S 10 AS 2625/13 -

SGB II-Bezieher haben zur Senkung überhöhter Unterkunftskosten regelmäßig sechs Monate Zeit

Verkürzung der Regelübergangsfrist auf drei Monate durch das Jobcenter rechtswidrig

Das Sozialgericht Leipzig hat entschieden, dass die im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) den Leistungsbeziehern eingeräumte sechsmonatige Frist zur Senkung überhöhter Unterkunftskosten eine Regelübergangsfrist und die von einem Jobcenter vorgenommene regelmäßige Verkürzung auf drei Monate rechtswidrig ist.

Der alleinstehende Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens bezieht seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ("Hartz IV"). Er bewohnt eine 45,89 qm große Zweiraumwohnung, deren Kosten durch das Jobcenter zunächst als angemessen angesehen und vollständig übernommen wurden. Nach einer Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung auf 44 Euro monatlich beliefen sich bei einer Grundmiete von 199,40 Euro und einer Heizkostenvorauszahlung von 60 Euro die Gesamtaufwendungen des Klägers für die Wohnung auf 303,40 Euro monatlich.

Unangemessene Kosten sind nach Auffassung des Jobcenters nur für drei Monate anzuerkennen

Das Jobcenter bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Mai 2013 noch Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe dieser tatsächlichen Aufwendungen von monatlich 303,40 Euro, nahm aber für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 eine Absenkung auf den in einer lokalen Richtlinie als angemessen festgelegten Wert von 286,80 Euro monatlich vor. Unangemessene Kosten seien nämlich in der Regel nur für drei Monate (längstens jedoch sechs Monate) ab dem auf die Bescheidbekanntgabe folgenden Monat als Bedarf anzuerkennen.

SG: Unangemessene Aufwendungen sind in der Regel für sechs Monate als Bedarf anzuerkennen

Das Sozialgericht Leipzig hielt diese Absenkung für rechtswidrig und verurteilte das Jobcenter zur Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten auch in der Zeit von Juni bis August 2013. Bedarfe der Unterkunft und Heizung seien zwar in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen nur insoweit anzuerkennen, als diese angemessen seien. Ob der Kläger hier in der Tat – wie das Jobcenter meine – unangemessen wohne, könne dahinstehen. Denn nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II seien auch unangemessene Aufwendungen als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate".

Regelübergangsfrist muss bei nötigem Umzug als einziger Möglichkeit zur Kostensenkung ausgeschöpft werden

Diese sechsmonatige Frist sei eine Regelübergangsfrist, die jedenfalls dann ausgeschöpft werden müsse, wenn eine Kostensenkung nur durch einen Umzug zu verwirklichen sei. Es sei einem Leistungsberechtigten nämlich regelmäßig nicht zumutbar, die bisherige Unterkunft zu kündigen, bevor er eine angemessene neue Unterkunft gefunden habe. Eine Verkürzung der Frist könne bei besonderen Umständen erforderlich sein, z.B. wenn die Grenzen angemessener Kosten bei weitem überschritten und binnen der Regelfrist unverhältnismäßig hohe Kosten auflaufen würden. Da dies hier aber nicht der Fall sei, müsse das Jobcenter zumindest für sechs Monate die tatsächlichen Mietkosten übernehmen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.07.2015
Quelle: Sozialgericht Leipzig/ra-online

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