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Oberlandesgericht München, Urteil vom 17.03.2016
29 U 368/16 -

Zeitung darf kritischen Facebook-Eintrag einer Person nicht mit deren Foto und Namen veröffentlichen

Betroffener Person steht Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung ihres Fotos zu

Äußert sich eine Person öffentlich bei Facebook kritisch über Flüchtlinge, so darf eine Zeitung diesen Beitrag zwar veröffentlichen. Unzulässig ist aber die Veröffentlichung des Fotos und des Namens der Person ohne deren Zustimmung. Der Person steht in diesem Fall ein Unter­lassungs­anspruch zu. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich eine Facebook-Nutzerin mittels eines Eintrags kritisch über Flüchtlinge geäußert. Eine Zeitung griff diesen Eintrag auf und veröffentlichte ihn unter Verwendung des Fotos und des Namens der Facebook-Nutzerin in ihrer Online-Ausgabe. Die Facebook-Nutzerin hielt dies für unzulässig und klagte auf Unterlassung der Veröffentlichung ihres Fotos.

Landgericht weist Klage ab

Das Landgericht München I wies die Klage ab. Die Veröffentlichung des Fotos sei nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Kunsturhebergesetzes (KUG) zulässig. Gegen diese Entscheidung legte die Facebook-Nutzerin Berufung ein.

Oberlandesgericht bejaht Unterlassungsanspruch

Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten der Facebook-Nutzerin und hob daher die Entscheidung des Landesgerichts auf. Ihr stehe gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Bildveröffentlichung zu.

Keine Einwilligung zur Bildveröffentlichung

Die Facebook-Nutzerin habe weder ausdrücklich noch konkludent in die Bildveröffentlichung eingewilligt, so das Oberlandesgericht. Es liege somit ein Verstoß gegen § 22 Satz 1 KUG vor. Allein aus der Einstellung des Fotos auf Facebook, könne nicht auf eine Einwilligung in eine Wiedergabe des Fotos in einer Online-Ausgabe einer Zeitung geschlossen werden. Wer ein Foto auf seinem Account hoch lade, willige nicht in die Weiterverbreitung des Fotos durch Dritte außerhalb des Kreises der zugriffsberechtigten Mitglieder des Netzwerks im Rahmen eines gänzlich anderen Kontextes ein.

Erfordernis der Einwilligung nicht durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ausgeschlossen

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei die Einwilligung der Facebook-Nutzerin in die Bildveröffentlichung nicht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unerheblich. Nach dieser Vorschrift dürfen Bildnisse der Zeitgeschichte auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und zur Schaue gestellt werden, sofern berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden.

Kein berechtigtes Interesse an Veröffentlichung des Fotos

Zwar sei die Veröffentlichung des Eintrags nach Einschätzung des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden. Denn die Facebook-Nutzerin habe sich mit ihrer Äußerung bewusst in die Öffentlichkeit gewagt und dürfe sich daher nicht wundern, wenn diese Äußerung von Medien aufgegriffen werde. Jedoch bestehe kein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung des mit dem Namen versehenen Fotos der Facebook-Nutzerin. Es sei nicht erkennbar, welche Bedeutung es für eine sachbezogene Erörterung der in der Flüchtlingsdebatte in einem Interneteintrag geäußerten Meinung einer beliebigen Person habe könne, wenn die Leser der Zeitung wissen, wie diese Person heiße und aussehe. Die mit einem Facebook-Eintrag erfolgte partielle Selbstöffnung der Privatsphäre sei nicht mit einer als "Pranger" bezeichneten Wiedergabe der mit Foto und Namen versehenen Äußerung in einem Massenmedium vergleichbar. Die mit der Bildveröffentlichung erzielte Breitenwirkung gehe weit über den Facebook-Eintrag hinaus.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.05.2018
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (zt/NJW-RR 2016, 871/rb)

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