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Oberlandesgericht München, Urteil vom 01.06.2022
10 U 7382/21 e -

Mithaftung zu 25 % für Verkehrsunfall wegen deutlicher Überschreitung der Richt­geschwindig­keit auf Autobahn

Vermeidbarkeit des Unfalls bei Einhaltung der Richt­geschwindig­keit

Überschreitet der Unfallgeschädigter deutlich die Richt­geschwindig­keit auf der Autobahn und wäre der Unfall bei Einhaltung der Richt­geschwindig­keit vermeidbar gewesen, kommt eine Mithaftung in Höhe von 25 % in Betracht. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf einer Autobahn kam es im August 2019 im Zusammenhang mit meinem Spurwechsel zu einem Verkehrsunfall. Der Spurwechsler hatte den Unfall maßgeblich verursacht. Strittig war, ob dem Unfallgeschädigten eine Mithaftung anzulasten sei, weil er die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h um 70 km/h überschritten hatte. Ein Sachverständiger hatte ausgeführt, dass der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewesen wäre.

Landgericht nimmt Alleinhaftung des Spurwechslers an

Das Landgericht München I entschied, dass der beklagte Spurwechsler allein für die Unfallfolgen hafte. Ihm sei ein grobes Verschulden anzulasten, so dass die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs vollständig zurücktrete. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Beklagten.

Oberlandesgericht bejaht Mithaftung des Klägers in Höhe von 25 %

Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten des Beklagten. Dem Kläger sei eine Mithaftung in Höhe von 25 % anzulasten. Zwar treffe dem Spurwechsler bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 StVO im Regelfall die Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter sein gewichtiges Verschulden zurücktrete.

Mithaftung wegen deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei jedoch die deutliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 km/h betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen. Dies und die Tatsache, dass der Unfall bei Einhaltung des Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewesen wäre begründe die Mithaftung. Wer schneller als 130 km/h fährt, vergrößere in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich andere Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzen. Auch wenn die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit keinen Schuldvorwurf begründe, bedeute dies nicht die rechtliche Irrelevanz für das Haftungsrecht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.07.2022
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)

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