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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 02.03.2017
8 U 152/15 -

Mit Bauüberwachung beauftragter Architekt muss Spiegelverkehrtheit eines Bauplans erkennen

Schadens­ersatz­pflicht aufgrund Verletzung der Bau­über­wachungs­pflicht

Wird einem mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt von seinem Auftraggeber ein Bauplan übergeben, der die vorgesehene Produktionsrichtung spiegelverkehrt wiedergibt, muss er dies erkennen. Andernfalls haftet er auf Schadensersatz wegen Verletzung der Bau­über­wachungs­pflicht. Jedoch muss sich der Auftraggeber ein Mitverschulden von mindestens 50 % anrechnen lassen. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2010 wurde ein Architekt mit der Überwachung der Errichtung einer Produktionsstraße für Lackierarbeiten beauftragt. Von der Auftraggeberin erhielt er in diesem Zusammenhang einen Fundamentplan, der fälschlicherweise die Lackieranlage und die zugehörigen Fundamente spiegelverkehrt wiedergab. Die Produktionsrichtung war nach dem Plan: Trocknen-Lackieren-Reinigen, anstatt umgekehrt. Der Fehler wurde erst während der Bauausführung entdeckt. Nachträglich machte die Auftraggeberin gegen den Architekten Schadensersatz geltend. Dieser hielt sich aber für nicht verantwortlich. Er meinte, für ihn sei der Fehler in der Planung nicht erkennbar gewesen. Er müsse nicht über Spezialwissen verfügen, wie eine Lackieranlage im Einzelnen funktioniere. Das Landgericht Mannheim gab der Schadensersatzklage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Architekten.

Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Bauüberwachungspflicht

Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte dem Grunde nach die Entscheidung des Landgerichts. Der Auftraggeberin stehe nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz zu, da der Architekt seine Bauüberwachungspflicht verletzt habe. Er hätte bemerken müssen, dass der ihm von der Auftraggeberin übergegebene Plan spiegelverkehrt war und somit das Werk nicht mangelfrei errichtet werden konnte.

Auch ohne Spezialwissen hätte Fehler bemerkt werden müssen

Die Verteidigung des Architekten bleibe ohne Erfolg, so das Oberlandesgericht. Denn die Tatsache, dass der Plan spiegelverkehrt war, hätte ihm auch ohne Spezialwissen auffallen müssen. Ein Architekt, der die Bauleitung für eine Produktionsstraße für Lackierarbeiten übernimmt, müsse wissen, dass ein Industriegut zunächst gereinigt, dann lackiert und schließlich die aufgebrachte Beschichtung getrocknet werden müsse. Auch ohne Spezialkenntnisse über Lackieranlagen müsse ein Architekt wissen, dass der umgekehrt Ablaufe keinen Sinn ergibt.

Mitverschulden der Auftraggeberin von mindestens 50 %

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts müsse sich aber die Auftraggeberin ein Mitverschulden von mindestens 50 % anrechnen lassen, da sie dem Architekten die fehlerhafte Planung übergeben hatte. Der nur mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt habe erwarten dürfen, dass ihm die Auftraggeberin eine fehlerfreie Planung zur Verfügung stelle.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 12.04.2019
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Mannheim, Urteil vom 04.09.2015
    [Aktenzeichen: 9 O 126/12]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BauR 2017, 1250Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), Jahrgang: 2017, Seite: 1250
  • BauR 2017, 2192Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), Jahrgang: 2017, Seite: 2192
  • NJW-RR 2017, 788Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 788
  • NZBau 2017, 483Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau), Jahrgang: 2017, Seite: 483

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