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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.02.2016
9 U 117/15 und 9 U 232/15 -

Brandstiftender 19-jähriger Feuerwehrmann ist uneingeschränkt schadens­ersatz­pflichtig

Zivilrechtliche Verantwortlichkeit war bei bedingt vorsätzlich gelegtem Brand weder ausgeschlossen noch gemindert

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass ein 19-jähriger Feuerwehrmann, der selbst einen Brand legt, um einen Feuerwehreinsatz zu provozieren, bei dem er sich beweisen kann, uneingeschränkt schadens­ersatz­pflichtig ist.

Im zugrunde liegenden Verfahren setzte der seinerzeit 19 Jahre alte Beklagte aus Kirchhundem, damals Mitglied der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr, im Januar 2012 die Gewerbehalle einer ortsansässigen Holzbearbeitungsfirma in Brand. Um einen Feuerwehreinsatz zu provozieren, bei dem er sich beweisen konnte, entzündete der Beklagte einen vor der Gewerbehalle stehenden Müllcontainer. Von diesem aus griff das Feuer auf die Halle über, die trotz des eingeleiteten Feuerwehreinsatzes bis zur Bodenplatte vollständig ausbrannte.

Täter wird ebenfalls wegen bereits zuvor begangener Brandstiftungen zur Jugendstrafe verurteilt

Für diese Tat und eine bereits zuvor begangene, weitere Brandstiftung verurteile das Amtsgericht Olpe den Beklagten im Juni 2012 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Geschädigte Firma nimmt Feuerwehrmann auf Ausgleich der verursachten Schäden in Anspruch

Vor dem Landgericht Siegen haben die geschädigte Holzverarbeitungsfirma, zugleich Grundstückseigentümerin, und ihre Gebäudeversicherung den Beklagten sodann zivilrechtlich auf Ausgleich der durch den Brand verursachten Schäden in Anspruch genommen. Die Gebäudeversicherung hat den von ihr mit ca. 228.000 Euro regulierten Gebäudeschaden geltend gemacht und die Holzverarbeitungsfirma ihre nicht durch Versicherungsleistungen abgedeckten Schäden, u.a. weitere Gebäudeschäden sowie Schäden an der Betriebseinrichtung und den Vorräten, die sich nach den insoweit bestehenden Versicherungen als Selbstbehalt tragen muss.

Landgericht sieht Beklagten dem Grunde nach für uneingeschränkt haftbar an

Das Landgericht Siegen hat den Beklagten in den Zivilprozessen dem Grunde nach für uneingeschränkt haftbar angesehen und ihm in der Höhe zur Zahlung nachgewiesener Schadensbeträge verurteilt, u.a. in Höhe von ca. 228.000 Euro an die Gebäudeversicherung (Urteil des LG Siegen vom 30.04.2015, Az. 8 O 133/12, beim OLG Hamm Az. 9 U 117/15) und in Höhe von 50.000 Euro an die Holzverarbeitungsfirma (Grund- und Teilurteil des LG Siegen vom 26.10.2015, 8 O 43/13, beim OLG Hamm Az. 9 U 232/15).

OLG: Beklagte haftet für verursachte Schäden in vollem Umfang

Nach den vom Oberlandesgericht Hamm im Berufungsverfahren getroffenen Entscheidungen haftet der Beklagte für die durch den Brand verursachten Schäden in vollem Umfang, weil er das Gebäude bedingt vorsätzlich in Brand gesetzt hat und seine zivilrechtliche Verantwortlichkeit dabei weder ausgeschlossen noch gemindert war.

Gefahren durch Inbrandsetzen des Müllcontainers waren absehbar

Der Beklagte habe, so das Oberlandesgericht, den Müllcontainer absichtlich entzündet und dabei das Abbrennen der Gewerbehalle mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen. In den erstinstanzlichen Klageverfahren habe er zugestanden, dass die Flammen vom Müllcontainer auf die Halle übergegriffen hätten und sei an diesen Vortrag im Berufungsverfahren gebunden. Seine weitere Einlassung, er habe nicht damit gerechnet, dass das Feuer vom Müllcontainer auf das Gebäude übergreife, sei widerlegt. Dafür sprächen die Erfahrungen aus seiner früheren Brandstiftung. Bei dieser habe er eine ca. 50 cm vor einer Holzvertäfelung stehende Kiste in Brand gesetzt, von der die Flammen dann auf das holzvertäfelte Gebäude übergriffen hätten und das Gebäude abbrennen ließen. Ausgehend hiervon habe der Beklagte gewusst, dass das Inbrandsetzen eines Gegenstandes im unmittelbaren Bereich eines Gebäudes geeignet sei, auch das Gebäude in Brand zu setzen. Das jedenfalls dann, wenn das Gebäude - wie vorliegend die Gewerbehalle - in einer Holzbauweise errichtet sei. Zudem habe der Beklagte den Ort seiner Brandstiftung auch erst verlassen, als der Müllcontainer selbständig brannte und nicht nur schmorte, wobei er in unmittelbarer Nähe gelagerte brennbare Materialien gesehen habe. Bei diesen Umständen habe es keinen Anhaltspunkt für die Annahme gegeben, der Brand werde der Gewerbehalle nichts anhaben können.

Gericht verneint Vorliegen einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung

Für den Brandschaden sei der Beklagte verantwortlich, er habe schuldhaft gehandelt. Er leide an keiner schweren Persönlichkeitsstörung, die seine freie Willensbildung ausgeschlossen habe, so dass er seine Entscheidung zum Handeln nicht mehr von vernünftigen Erwägungen habe abhängig machen können. Soweit bei ihm von einem medizinischen Sachverständigen eine Pyromanie und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ diagnostiziert worden sei, sei dies keine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung, die seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit aufgehoben oder eingeschränkt habe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.06.2016
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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