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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 03.08.2004
4 U 94/04 -

Rechtsanwaltskanzlei darf nicht mit reduzierter Erstberatungsgebühr werben

OLG Hamm untersagt jura XX Rechtsberatung zu Discounter-Preisen

Das OLG Hamm hat in zweiter Instanz entschieden, dass Rechtsanwälte nicht mit einem reduziertem Gebührenrahmen für die Erstberatung werben dürfen.

Die Niederlassung der Rechtsanwaltsgesellschaft jura XX in F. schalte in der WAZ vom 1. Mai 2004 eine Werbeanzeige, in der eine Erstberatung im Arbeitsrecht mit einer Pauschalgebühr von 10,- bis 50,- EUR angeboten wurde. Hiergegen wandte sich ein Fachanwalt für Arbeitsrecht aus F im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes. jura XX gehört zur Eugen Boss Rechtsanwaltsgesellschaft in Dortmund.

Das Landgericht Essen untersagte jura XX in einer einstweiligen Verfügung die Werbung. Das Oberlandesgericht Hamm hat dies in zweiter Instanz bestätigt und die Berufung von jura XX zurückgewiesen.

Unlautere Werbung

Das Oberlandesgericht Hamm führte aus, dass die beanstandete Werbung einen Verstoß gegen § 4 Ziffer 11 UWG darstelle. Danach handele unlauter iSd. § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandele, die auch dazu bestimmt sei, im Interesse der Markteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu solchen marktbezogenen Regelungen gehörten auch die Normen, die das Honorar für Rechtsanwälte festlegten. Nach § 49 b Abs. 1 BRAO sei es untersagt, geringere Gebühren zu vereinbaren oder zu fordern, als nach der Gebührenordnung vorgesehen ist. jura XX habe hier ein solche unzulässige Gebührenunterschreitung beworben.

Zwar habe es nach § 3 Abs. 5 BRAGO a.F. die Möglichkeit gegeben, Pauschalgebühren zu vereinbaren, jedoch musste eine solche Pauschale immer in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Wenn der Rechtsanwalt die Obergrenze von sich aus auf 50,- EUR statt der gesetzlichen Kappungsgrenze von 180,- EUR festsetze, schneide er sich die Bewertung des einzelnen Falles nach diesen gesetzlichen Vorgaben von vornherein ab.

Werbung auch mit neuem RVG nicht vereinbar

Auch sei die beanstandete Werbung nicht mit dem neuen Gebührenrecht des RVG (= Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, gültig seit 1.7.2004) zu vereinbaren. Das RVG sehe für Erstberatungen im arbeitsrechtlichen Bereich gar keine Kappungsgrenzen mehr vor. Abgesehen davon sei zu beachten, dass nach dem neuen Gebührenrecht bei einer Erstberatung von Verbrauchern (§ 13 BGB) gemäß Nr. 2102 VV RVG bis zu 190,00 EUR zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer berechnet werden können.

Verfassungsbeschwerde abgewiesen

Gegen die Entscheidung des OLG Hamm hat jura XX Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 1 BvR 2292/04). Diese wurde am 27.10.2004 als unzulässig abgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass ein Rechtsanwalt, dem die Werbung mit einer Erstberatungsgebühr im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden ist, zunächst das Hauptsacheverfahren abwarten müsse, bevor er Verfassungsbeschwerde erheben könne.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2005
Quelle: ra-online

Vorinstanz:
  • Landgericht Essen, Beschluss vom 10.05.2004
    [Aktenzeichen: 45 O 46/04]
Nachinstanz:
  • Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.10.2004
    [Aktenzeichen: 1 BvR 2292/04]
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