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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 07.05.2015
32 W 7/15 -

Unterlassene Benachrichtigung einer Prozesspartei hinsichtlich Durchführung eines Ortstermins durch Sachverständigen begründet dessen Befangenheit

Zweifel an Unparteilichkeit eines Sachverständigen rechtfertigt dessen Ablehnung

Benachrichtigt ein Sachverständiger nur die eine Partei des Rechtsstreits von einer Ortsbesichtigung, so begründet dies aus Sicht der nicht anwesenden Partei die Besorgnis, dass der Sachverständige befangen ist. Der Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigt dessen Ablehnung. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob ein an einer Arztpraxis geliefertes Röntgengerät mangelbehaftet war oder die von der Ärztin angeführte Fehlfunktion auf einen Bedienungsfehler beruhte. Um die Frage zu erklären, führte ein beauftragter Sachverständiger im September 2014 eine Ortsbesichtigung in den Praxisräumen durch. Von diesem Termin wurde die Verkäuferin des Röntgengeräts jedoch nicht benachrichtigt, so dass nur die Ärztin anwesend war. Die Verkäuferin hielt den Sachverständigen aufgrund dessen für befangen und beantragte seine Ablehnung. Das Landgericht Münster wies jedoch den Ablehnungsantrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Verkäuferin.

Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt Ablehnung eines Sachverständigen

Das Oberlandesgericht Hamm führte zum Fall aus, dass ein Sachverständiger gemäß § 406 Abs. 1 ZPO wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden könne, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet sei, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige müsse nicht tatsächlich parteilich sein. Auch sei es nicht erforderlich, dass das Gericht Zweifel an der Neutralität hat. Vielmehr genüge der bei dem ablehnenden Prozessbeteiligten erweckte Anschein der Parteilichkeit.

Unterlassene Benachrichtigung der Verkäuferin stellt Verfahrensfehler dar

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe der Sachverständige durch die unterlassene Benachrichtigung der Verkäuferin vom Ortstermin einen Verfahrensfehler begangen. Denn den Beteiligten eines Prozesses sei es gestattet, bei Ortsbesichtigungen als Teil der Beweisaufnahme anwesend zu sein. Durch die Mitwirkung der Beteiligten sollen etwaige Unklarheiten und Unzulänglichkeiten beseitigt und gegebenenfalls Fehler korrigiert werden. Bei der Ortsbesichtigung handele es sich daher nicht um eine bloße Förmlichkeit.

Ortsbesichtigung in Abwesenheit der Verkäuferin begründet Zweifel an Unparteilichkeit

Durch den Verfahrensfehler und der durchgeführten Ortsbesichtigung unter Anwesenheit und Mitwirkung der Ärztin habe der Sachverständige nach Auffassung des Oberlandesgerichts den Eindruck einer willkürlichen Benachteiligung der Verkäuferin erweckt. Ihr sei dadurch das Recht genommen worden Fragen zu stellen und Hinweise zu geben, sich einen persönlichen Eindruck von dem Begutachtungsgegenstand zu machen sowie eine einseitige Beeinflussung des Sachverständigen auszuschließen.

Unterlassene Benachrichtigung aufgrund Vergessens unerheblich

Soweit der Sachverständige anführte, er habe es vergessen die Verkäuferin vom Ortstermin in Kenntnis zu setzen, hielt das Oberlandesgericht dies für unbeachtlich. Denn dies hätte ihm zu Beginn des Termins auffallen müssen, so dass er einen neuen Ortstermin hätte ansetzen können. Spätestens während der Abfassung des Gutachtens hätte ihm sein Versäumnis auffallen und er einen neuen Ortstermin in Erwägung ziehen müssen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.09.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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