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Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 09.05.2017
4 U 1596/16 -

Fahrbahnüberquerung durch Fußgänger: Keine Haftung des Pkw-Fahrers für Kollision mit plötzlich auftauchendem Fußgänger auf Fahrstreifen

Grob fahrlässiges "Hindurchschlängeln" des Fußgängers durch fließenden Fahrzeugverkehr

Eine sorglose Fahrbahnüberquerung eines Fußgängers durch "Hindurchschlängeln" durch den fließenden Fahrzeugverkehr ist grob fahrlässig. Kommt es daher zu einer Kollision mit einem Pkw, so haftet der Fußgänger allein für die Unfallfolgen, wenn für den Pkw-Fahrer der Fußgänger vor der Kollision nicht erkennbar war. Dies hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während der Morgendämmerung an einem Tag im September 2010 wollte ein Fußgänger eine Straße überqueren. Er ließ zunächst zwei von links kommende Fahrzeuge vorbei und überquerte dann zügig den ersten Fahrstreifen. Als er den zweiten Fahrstreifen überqueren wollte, übersah er einen von rechts kommenden Pkw. Er wurde von dem Pkw ungebremst mit der vorderen rechten Seite erfasst und in den Straßengraben geschleudert. Der Fußgänger erlitt dabei schwere Verletzungen. Der Pkw-Fahrer fuhr mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h. Zudem hatte er das Abblendlicht eingeschaltet. Es ließ sich im Nachhinein nicht feststellen, ob der Fußgänger vor dem Unfall in das Sichtfeld des Pkw-Fahrers eintrat. Jedenfalls klagte der Fußgänger gegen den Pkw-Fahrer, den Halter des Pkw und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld von über 80.000 Euro. Dabei berücksichtigte er aber ein Mitverschulden von 1/3.

Landgericht gibt Klage zu 1/3 statt

Das Landgericht Dresden gab der Schadens- und Schmerzensgeldklage zu 1/3 statt und lastete dem Kläger daher ein Mitverschulden von 2/3 an. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Klägers und der Beklagten.

Oberlandesgericht verneint Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

Das Oberlandesgericht Dresden entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.

Kein schuldhaftes Verhalten des Pkw-Fahrers

Dem Pkw-Fahrer sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts kein schuldhaftes Verhalten anzulasten. Er sei nicht gehalten gewesen, seine Geschwindigkeit so zu reduzieren, dass er Fußgänger, die von der Gegenfahrbahn auf seinen Fahrstreifen treten, noch rechtzeitig hätte erkennen und hierauf hätte reagieren können. Bei breiten Straßen müsse ein Kraftfahrer nur den eigenen Fahrstreifen im Blick haben. Das Sichtfahrgebot gelte nicht für die ganze Fahrbahn und auch nicht für plötzlich von der Seite auf die Fahrbahn gelangende Hindernisse. Da zudem unklar war, ob der Kläger vor dem Unfall in das Sichtfeld des Pkw-Fahrers trat, sei dem Pkw-Fahrer keine verspätete Reaktion vorzuwerfen. Dies hätte der Kläger nachweisen müssen.

Grob fahrlässige Fahrbahnüberquerung des Fußgängers

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe der Kläger den Unfall grob fahrlässig allein verschuldet. Die sorglose Fahrbahnüberquerung durch "Hindurchschlängeln" durch den fließenden Fahrzeugverkehr stelle ein besonders grobes Eigenverschulden dar. Der Kläger hätte den von rechts kommenden Pkw erkennen und den Unfall vermeiden können.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.06.2019
Quelle: Oberlandesgericht Dresden, ra-online (vt/rb)

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