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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.05.2015
L 11 AS 676/15 B ER -

Jobcenter muss im Einzelfall bei drohendem Arbeitsplatzverlust Darlehen für PKW gewähren

Anschaffung eines PKW zum Preis von 2.400 Euro scheint nicht von Vornherein unwirtschaftlich

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass das Jobcenter einem Arbeitnehmer dann vorläufig ein Darlehen zur Anschaffung eines PKW gewähren muss, wenn andernfalls Arbeitslosigkeit droht. Im konkreten Fall war der PKW zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich und die Anschaffung nicht von vornherein unwirtschaftlich.

Die im Landkreis Schaumburg lebende Antragstellerin des zugrunde liegenden Streifalls ist seit Januar 2015 bei einer Leiharbeitsfirma als Pflegehelferin beschäftigt und bezieht ergänzend zu ihrem Lohn Leistungen nach dem SGB II. Um zu den verschiedenen Arbeitsorten zu gelangen, nutzt die Klägerin ihren privaten PKW. Am 1. März (Sonntag) informierte die Antragstellerin das Jobcenter (die Antragsgegnerin) per Mail darüber, dass ihr Auto am Vortag endgültig liegen geblieben sei und eine Reparatur 1.000 Euro kosten werde. Sie benötige für ihre Arbeit einen privaten PKW und bitte um Unterstützung bei der Vermeidung der drohenden Arbeitslosigkeit. Am Folgetag beantragte die Antragstellerin telefonisch beim Jobcenter ein Darlehen zum Kauf eines neuen PKW. Den PKW erwarb sie an demselben Tag gegen Inzahlunggabe des alten Fahrzeuges (400 Euro) und weiteren 2.000 Euro.

Jobcenter lehnt Darlehen für Fahrzeugkauf ab

Das Jobcenter lehnte die Gewährung eines Darlehns ab, da es unter anderem davon ausging, dass der Antragstellerin das Geld für den Kauf des Autos zur Verfügung gestanden habe und es dem Verkäufer bereits übergeben worden sei.

Sozialgericht lehnt Gewährung des Darlehens im Rahmen eines Eilverfahrens ab

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit der Klage und mit einem Eilverfahren (Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz) an das Sozialgericht Hannover gewandt. Aufgrund der Aussagen des Jobcentermitarbeiters sei sie davon ausgegangen, dass sie die Förderung erhalten werde. Dies habe sie dem Autohändler erzählt. Das Sozialgericht hat die Gewährung des Darlehens im Rahmen des Eilverfahrens abgelehnt, da die Antragstellerin einen Anspruch auf die Darlehnsgewährung nur bei einer Ermessensreduzierung auf null habe.

Individuelle Situation der Antragsstellerin bei Ermessensentscheidung des Jobcenters nicht ausreichend berücksichtigt

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat das Jobcenter im Eilrechtsschutz vorläufig verpflichtet, das Darlehen in Höhe von 2.000 Euro zur Bezahlung des bereits gekauften PKW zu gewähren. Dabei ging das Gericht entsprechend der eidesstattlichen Versicherung der Arbeitnehmerin davon aus, dass sich der Verkäufer des Autos darauf eingelassen habe, zunächst nur das alte Auto in Zahlung zu nehmen und auf die kurzfristig folgende Zahlung des Jobcenters zu warten. Das Landessozialgericht führte weiter aus, dass es zwar grundsätzlich eine Ermessensentscheidung des Leistungsträgers sei, ob ein Darlehen nach § 16 f SGB II gewährt werde. Hier habe das Jobcenter aber das Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da die individuelle - auch die familiäre - Situation der Antragstellerin nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Da die Antragstellerin bei ihrem Arbeitsverhältnis auf einen PKW angewiesen sei und sonst der Arbeitsplatzverlust drohe, sei es dem Jobcenter im Rahmen einer Folgenabwägung zuzumuten, ein Darlehen zu gewähren, zumal sich die Antragstellerin mit der Rückzahlung in monatlichen Raten von 200 Euro einverstanden erklärt habe.

Jobcenter kann Eingliederungsleistungen auch präventiv zur Abwendung von Arbeitslosigkeit gewähren

Das Landessozialgericht führte weiter aus, dass § 16 f SGB II dem Jobcenter die Möglichkeit gebe, die gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen durch freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erweitern. Diese Leistungen könnten auch präventiv zur Abwendung des Arbeitsplatzverlustes erbracht werden. Dies gelte auch dann, wenn trotz Erwerbstätigkeit weiter Hilfebedürftigkeit bestehe. Im Rahmen der freien Förderung komme auch grundsätzlich eine Darlehensgewährung zum Erwerb eines PKW in Betracht. Die Antragstellerin und ihr Arbeitgeber hätten auch glaubhaft gemacht, dass für ihre Arbeitseinsätze Mobilität mit einem PKW zwingend erforderlich sei. Ob der gekaufte PKW marktpreisgerecht sei, müsse im Hauptsacheverfahren überprüft werden. Eine PKW Anschaffung für 2.400 Euro erscheine jedenfalls nicht von vornherein unwirtschaftlich.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.05.2015
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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