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Landgericht Lüneburg, Urteil vom 02.06.2016
4 O 3/16 -

Negative Abweichung von vereinbartem Stickoxid-Ausstoß rechtfertigt Käufer eines VW-Passats zum Rücktritt vom Kaufvertrag

Nichteinhaltung der Stickoxid-Grenzwerte begründet nicht unerheblichen Sachmangel

Weicht der Stickoxid-Ausstoß eines VW-Passats aufgrund einer installierten Schummel-Software von den vereinbarten Emissionswerten ab, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Denn in der Nichteinhaltung der Stickoxid-Grenzwerte ist ein nicht unerheblicher Sachmangel zu sehen. Eine Nachbesserungsfrist von zwei Monaten ist ausreichend. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Lüneburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2014 entschied sich ein Autofahrer zum Kauf eines VW Passats Variant 1.6 TDI mit BlueMotion-Technologie und einem Dieselmotor des Typs EA 189, da es sich um ein besonders umweltfreundliches Dieselfahrzeug handeln sollte. Dem Kauf ging ein individuelles Angebot der VW-Vertragshändlerin voraus, in dem unter anderem ein Stickoxid-Ausstoß in Höhe von 110,2 mg/km angegeben war. Das Fahrzeug war mit der sogenannten Schummel-Software ausgestattet. Durch diese war es möglich, dass das Fahrzeug die nach der Euro-5-Abgasnorm vergebenen Stickoxid-Grenzwerte einhält. Nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals forderte der Käufer im Dezember 2015 eine Nachbesserung und setzte dafür eine Frist von zwei Monaten. Mit Hinweis auf ein noch in der Entwicklung befindliches Softwareupdate lehnte die Vertragshändlerin eine Nachbesserung ab. Daraufhin erklärte der Käufer im Januar 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und erhob Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung

Das Landgericht Lüneburg entschied zu Gunsten des Käufers. Ihm habe ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zugestanden, da er angesichts eines Sachmangels wirksam vom Kaufvertrag habe zurücktreten dürfen.

Fehlen der vertraglichen Beschaffenheit begründet Sachmangel

Das Fahrzeug sei mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gewesen, so das Landgericht, da die Stickoxidwerte negativ von den vereinbarten Schadstoffwerten abgewichen seien. Somit habe es an der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit gefehlt. Die Stickoxidwerte seien durch eine Software im Prüfstandslauf optimiert worden. Nur so haben die vertraglich vereinbarten Werte eingehalten werden können. Ohne diese Software seien die Grenzwerte überschritten worden. Für unerheblich hielt das Gericht die Frage, ob in das Fahrzeug eine Abschalteinrichtung eingebaut war.

Angemessene Frist zur Nachbesserung

Der Käufer habe nach Ansicht des Landgerichts eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt. Zwar sei die Vertragshändlerin allein nicht in der Lage gewesen, den Mangel zu beseitigen. Vielmehr sei sie auf das Softwareupdate von VW angewiesen gewesen. Zudem sei das Fahrzeug trotz der Manipulations-Software fahrbereit und verkehrssicher gewesen. Nach Meinung der Vertragshändlerin sei es daher für den Käufer unerheblich, zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug die vertraglich vereinbarte Emissionswerte einhalte. Dennoch habe es keiner längeren Nachbesserungsfrist als zwei Monate bedurft, da das Kaufrecht gerade für Verbraucher auf eine zeitnahe Nachbesserung ausgerichtet sei. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Käufer ein besonders umweltschonendes Fahrzeug habe fahren wollen und deshalb einen Mehrpreis für die BlueMotion-Technologie gezahlt habe.

Kein unerheblicher Sachmangel

Nach Auffassung des Landgerichts habe auch kein unerheblicher Sachmangel vorgelegen, der ein Rücktritt gemäß § 323 Abs. 5 BGB ausschließen würde. Allein der Verstoß gegen die Beschaffenheitsvereinbarung habe die Erheblichkeit indiziert. Soweit die Vertragshändlerin vorträgt, die Installation des Softwareupdates beanspruche maximal eine Stunde und koste etwa 100 EUR, habe dies nicht gegen die Erheblichkeit gesprochen. Denn zum einen habe die Vertragshändlerin zum Zeitpunkt des Rücktritts gar nicht die Möglichkeit gehabt, den Mangel mit welchen Arbeits- und Kostenaufwand auch immer zu beheben. Zum anderen seien auch die Kosten für die Entwicklung des Softwareupdates hinzuzurechnen. Darüber hinaus sei die Mangelbeseitigungsmaßnahme nicht als unerheblich anzusehen gewesen, da das Softwareupdate der Genehmigung des Kraftfahrtbundesamts bedurft habe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.11.2016
Quelle: Landgericht Lüneburg, ra-online (vt/rb)

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