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Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.11.2014
2-09 T 528/14 -

Latente Suizidgefahr eines Räumungsschuldners rechtfertigt unter bestimmten Umständen seine stationäre Behandlung

Voraussetzung ist überwiegendes Interesse des Räumungsgläubigers an der Räumung

Kann im Falle einer Zwangsräumung die latente Suizidgefahr des Räumungsschuldners in eine akute Suizidgefahr umschlagen, so muss das Voll­streckungs­gericht dieser mit begleitenden Schutzmaßnahmen begegnen. Zu solchen Maßnahmen kann z.B. die stationäre Behandlung des Räumungsschuldners gehören. Das setzt allerdings voraus, dass die Interessen des Räumungsgläubigers an der Räumung überwiegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall verlor ein Mann aufgrund einer Zwangsversteigerung im Dezember 2012 das Eigentum an seinem Haus. Da er angab, akut suizidgefährdet zu sein, sollte es zu einer Räumung kommen, beantragte der Mann die Einstellung der Räumung gemäß § 765 a ZPO.

Kein Anspruch auf Einstellung der Räumung trotz latenter Suizidgefahr

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied gegen den Räumungsschuldner. Ihm habe kein Anspruch auf Einstellung der Räumung trotz der vorhandenen latenten Suizidgefahr zugestanden. Denn dieser Gefahr sei durch begleitende Schutzmaßnahmen Rechnung zu tragen, die sicherzustellen haben, dass dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit Genüge getan wird.

Stationäre Behandlung kann begleitende Schutzmaßnahme darstellen

Als geeignete Schutzmaßnahmen erachtete das Landgericht zunächst, dass zwischen der Ankündigung der Räumung und der tatsächlichen Räumung mindestens ein Zeitraum von vier Wochen liegt. Dieser Zeitraum soll eine Begutachtung des Räumungsschuldners ermöglichen und das Vollstreckungsgericht gegebenenfalls unter Einschaltung des Betreuungsgerichts und der Ordnungsbehörden in die Lage versetzen, angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zu solchen Maßnahmen gehöre aus Sicht des Landgerichts die freiwillige oder auch zwangsweise Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Interesse des Räumungsgläubigers rechtfertigte mögliche Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus

Das Landgericht verkannte zwar nicht, dass eine stationäre Behandlung eine erhebliche Beeinträchtigung für den Räumungsschuldner darstellt. Das grundrechtlich geschützte Interesse des Räumungsgläubigers an der Räumung habe seiner Auffassung nach aber überwogen. Es sei zu beachten gewesen, dass dem neuen Eigentümer des Hauses sein nach Art. 14 GG geschütztes Nutzungsrecht entzogen wurde. Zudem sei der Schutz der Familie nach Art. 6 GG zu berücksichtigen gewesen. Der Räumungsgläubiger verfügte über minderjährige Kinder. Ferner habe die Angelegenheit die Familie des Räumungsgläubigers erheblich finanziell belastet. Das Gericht wies auf den Grundsatz hin, dass dem Einzelnen nicht die Aufgaben überbürdet werden dürfen, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen.

Kein geeignetes Mittel zum Lebensschutz durch ambulante Therapie

Nach Auffassung des Landgerichts habe darüber hinaus eine ambulante Therapie kein geeignetes Mittel zum Lebensschutz dargestellt, da der Räumungsschuldner nicht die erforderliche Eigenmotivation und Therapiewilligkeit besessen habe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.02.2015
Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (zt/WuM 2015, 105/rb)

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