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Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 15.07.2011
13 Sa 436/11 -

"Wer die Holle fürchtet, kennt das Büro nicht" – Roman eines Mitarbeiters ist kein Kündigungsgrund

Autor eines fiktiven Büro-Romans kann sich auf Kunstfreiheit berufen

Verfasst ein Angestellter einen "Büro-Roman" in dem die Personen des Buches zwar Parallelen zu den Kollegen aufweisen, jedoch nicht alle Eigenschaften der Romanfiguren den tatsächlichen Vorbildern entsprechen, kann der Arbeitgeber dem Angestellten nicht ohne weiteres fristlos kündigen. Sofern Ansätze für eine Übersetzung des Romans in die Wirklichkeit nicht ersichtlich sind, kann sich der Autor auf die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hervor.

Der 51 Jahre alte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist seit 1998 bei der beklagten Arbeitgeberin als Sachbearbeiter in der Abteilung Vertrieb/Verkauf tätig. Er ist Mitglied des Betriebsrats. Die Arbeitgeberin stellt Küchenmöbel her und beschäftigt über 300 Arbeitnehmer.

Autor zieht in seinem Büro-Roman über Kollegen und Vorgesetze her

Der Kläger hat einen so genannten Büro-Roman verfasst, der den Titel trägt „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“. Der Roman ist aus der Perspektive des Ich-Erzählers „Jockel Beck“ geschrieben. Im Buch wird dem (dort so genannten) Arbeitnehmer „Hannes“ unterstellt, dieser konsumiere Rauschmittel („hat alles geraucht, was ihm vor die Tüte kam“). Über die Arbeitnehmerin „Fatma“ heißt es im Buch, sie „erfülle so manches Klischee, was man allgemein von Türken pflegt: ihre krasse Nutzung der deutschen Sprache und auch ihr aufschäumendes Temperament. Leider steht ihr Intellekt genau diametral zu ihrer Körbchengröße“. Der Junior-Chef „Horst“ wird im Buch folgendermaßen beschrieben: „Er ist ein Feigling! Er hat nicht die Eier, jemandem persönlich gegenüberzutreten, dafür schickt er seine Lakaien“.

Arbeitgeber spricht fristlose Kündigung aus

Der Kläger bot das Buch Ende Oktober 2010 während der Arbeitszeit Kollegen zum Kauf an. Die Arbeitgeberin sprach am 10. November 2010 eine fristlose Kündigung aus. Der Betriebsrat hatte zuvor dieser Kündigung zugestimmt.

Betriebsfrieden durch Roman erheblich gestört

Die Arbeitgeberin stützt die Kündigung darauf, dass der Roman des Klägers beleidigende, ausländerfeindliche und sexistische Äußerungen über Kollegen und Vorgesetzte des Klägers enthalte. Das Buch weise deutliche Parallelen zum Unternehmen und dort tätigen Personen auf. U. a. die Romanfiguren „Hannes“, „Fatma“ und „Horst“ seien als tatsächlich existierende Personen zu identifizieren. Durch den Roman sei der Betriebsfrieden erheblich gestört worden. Verschiedene Arbeitnehmer hätten sich persönlich angegriffen gefühlt, eine Mitarbeiterin habe sich in ärztliche Behandlung begeben müssen.

Autor beruft sich auf Freiheit der Kunst

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bei dem Buch handele es sich um einen fiktiven Roman; er habe keine Umstände aufgegriffen, die eine Identifikation zuließen. Der Kläger beruft sich auf die Freiheit der Kunst.

AG Herford: Berufen auf Kunstfreiheit zulässig

Das Arbeitsgericht Herford gab der Kündigungsschutzklage statt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne sich auf die Kunstfreiheit berufen. Das Buch sei als Roman und nicht als Tagebuch anzusehen. Ansätze für eine Übersetzung des Romans in die Wirklichkeit seien nicht ersichtlich.

Romanfiguren entsprechen nicht in allen Eigenschaften tatsächlichem Vorbild

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Berufung der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Zur Begründung stellte das Gericht klar, dass sich der Kläger durchaus auf die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG berufen könne. Insoweit bestehe die Vermutung, dass es sich bei einem Roman nicht um tatsächliche Gegebenheiten, sondern um eine fiktionale Darstellung handele. Etwas anderes könne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann gelten, wenn alle Eigenschaften einer Romanfigur dem tatsächlichen Vorbild entsprächen. Dies habe im Streitfall nicht festgestellt werden können, zumal die Beklagte betont habe, die im Roman überspitzt gezeichneten Zustände spiegelten nicht die realen Verhältnisse im Betrieb wider.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.07.2011
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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