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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 05.07.2017
C-190/16 -

Unionsrechtlich vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten rechtmäßig

Regelung zur Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt

Die unionsrechtlich vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten, die im gewerblichen Luftverkehr zur Beförderung von Fluggästen, Fracht oder Post eingesetzt werden, ist gültig. Sie ist durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Herr Werner Fries war bei der Lufthansa als Flugkapitän und Ausbilder beschäftigt. Ab November 2013 beschäftigte die Lufthansa ihn nicht mehr, da er die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hatte, die das Unionsrecht* für Piloten im gewerblichen Luftverkehr zwingend vorschreibt. Herr Fries fordert von der Lufthansa die Zahlung seiner Vergütung für die Monate November und Dezember 2013. Sein Arbeitsvertrag endete nämlich erst Ende Dezember 2013. Zudem verfügte er in diesen zwei Monaten weiterhin über seine Lizenz zum Führen von Verkehrsflugzeugen sowie seine Berechtigungen als Ausbilder und Prüfer. Herr Fries ist der Ansicht, dass die fragliche Altersgrenze eine Diskriminierung wegen des Alters darstelle und gegen seine Berufsfreiheit verstoße, so dass sie im Widerspruch zur Charta der Grundrechte der EU stehe.

Das mit diesem Rechtsstreit befasste Bundesarbeitsgericht (Deutschland) befragte den Gerichtshof der Europäischen Union zur Gültigkeit und Tragweite der streitigen Altersgrenze.

Ungleichbehandlung zur Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt gerechtfertigt

Mit seinem Urteil antwortete der Gerichtshof, dass diese Altersgrenze gültig ist. Der Gerichtshof bestätigt, dass die streitige Altersgrenze eine Ungleichbehandlung wegen des Alters begründet. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt.

Altersgrenze findet nur auf gewerblichen Luftverkehr Anwendung

Es ist nämlich nicht zu bestreiten, dass die für den Beruf des Verkehrspiloten erforderlichen körperlichen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter abnehmen. Mit der fraglichen Altersgrenze kann ausgeschlossen werden, dass ein Abnehmen dieser körperlichen Fähigkeiten nach dem 65. Lebensjahr zur Unfallursache wird, ohne dass jedoch gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde. Der Gerichtshof führte hierzu aus, dass die fragliche Altersgrenze nur auf den gewerblichen Luftverkehr Anwendung findet, der durch eine größere technische Komplexität der Luftfahrzeuge und eine höhere Anzahl betroffener Personen als im nicht gewerblichen Luftverkehr gekennzeichnet ist.

Zudem kann die Altersgrenze von 65 Jahren als hinreichend weit fortgeschritten betrachtet werden, um als Endpunkt der Zulassung als Pilot in der gewerblichen Luftfahrt zu dienen. Sie spiegelt im Übrigen völkerrechtliche Vorschriften wider, die auf einer intensiven Fachdiskussion und auf Sachverstand gegründet sind und dieselbe Altersgrenze festlegen.

Individuelle Prüfung körperlicher und psychischer Fähigkeiten nicht notwendig

Der Unionsgesetzgeber war nicht dazu verpflichtet, statt einer Altersgrenze eine individuelle Prüfung der körperlichen und psychischen Fähigkeiten jedes Inhabers einer Pilotenlizenz vorzusehen, der älter als 65 Jahre ist.

Die fragliche Altersgrenze schränkt nach den Feststellungen des Gerichtshofs zwar die Berufsfreiheit ein, verstößt jedoch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Leer- oder Überführungsflüge im Gewerbebetrieb eines Luftverkehrsunternehmens weiterhin möglich

Was die Tragweite der streitigen Altersgrenze angeht, stellt der Gerichtshof klar, dass diese dem Inhaber einer Pilotenlizenz, der das Alter von 65 Jahren erreicht hat, weder verbietet, als Pilot Leer- oder Überführungsflüge im Gewerbebetrieb eines Luftverkehrsunternehmens durchzuführen, bei denen weder Fluggäste, noch Fracht oder Post befördert werden, noch als Ausbilder und/oder Prüfer an Bord eines Luftfahrzeugs tätig zu sein (sofern er kein Mitglied der Flugbesatzung ist).

Erläuterungen

* -  FCL.065 Buchst. b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 311, S. 1).

 

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.07.2017
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 30.07.2014
    [Aktenzeichen: 9 Ca 9995/13]
  • Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.03.2015
    [Aktenzeichen: 4 Sa 966/14]
  • Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27.01.2016
    [Aktenzeichen: 5 AZR 263/15]
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