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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.03.2013
9 CE 12.2755 u.a. -

Landeshauptstadt München darf lebensmittel- bzw. hygienerechtliche Mängel aus amtlichen Betriebskontrollen nicht mehr im Internet veröffentlichen

Vorläufiges Aus für den "Hygienepranger"

Der Landeshauptstadt München ist es vorläufig untersagt, die bei amtlichen Betriebskontrollen festgestellten lebensmittel- bzw. hygienerechtlichen Mängel im Internet auf der hierfür eingerichteten Plattform (www.lgl.bayern.de) zu veröffentlichen. Dies entschied der Bayerische Verwaltungs­gerichtshof.

Im zugrunde liegenden Fall hatten sich Münchener Gastronomiebetriebe vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich gegen die Veröffentlichung der bei Kontrollen festgestellten Mängel zur Wehr gesetzt. Die Beschwerden der Landeshauptstadt München gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München wurden vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in allen Verfahren zurückgewiesen.

Geplante Internet-Veröffentlichung zum Schutz der Rechte der Antragsteller vorläufig untersagt

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte erhebliche Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung. Zum Schutz der Rechte der Antragsteller erscheint es nach Auffassung des Senats deshalb geboten, die geplante Internet-Veröffentlichung vorläufig zu untersagen. Nach einer Vorschrift aus dem deutschen Lebensmittelrecht informiert die Behörde die Öffentlichkeit u.a. dann, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften verstoßen wurde, die dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.

Information der Öffentlichkeit nur bei hinreichenden Verdacht eines Gesundheitsrisikos zulässig

Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Vorschrift. Denn nach Europarecht sei eine Information der Öffentlichkeit nur bei einem hinreichenden Verdacht eines Gesundheitsrisikos zulässig, die nationale Vorschrift habe hingegen eine deutlich über die Warnung vor Gesundheitsgefahren hinausgehende, generalpräventive Zielsetzung.

Mängel sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung meist bereits behoben

Zudem hat der Gerichtshof Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift, u.a. weil angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen der gesetzlich vorgesehene Schwellenwert von nur 350 Euro für das prognostizierte Bußgeld unverhältnismäßig gering erscheine. Bedenken bestünden auch hinsichtlich der Erforderlichkeit der Veröffentlichung im Internet, denn die Mängel seien zum Veröffentlichungszeitpunkt häufig bereits behoben. Schließlich sei zweifelhaft, ob die Norm ausreichend bestimmt sei. Denn die Eingriffsschwelle werde lediglich mit der Prognose eines zu erwartenden Bußgelds in Höhe von 350 Euro beschrieben. Die Verwaltungspraxis sei insoweit unvorhersehbar.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.03.2013
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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