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Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden gegen präventive Ingewahrsamnahmen zur Verhinderung von Straftaten nicht zur Entscheidung angenommen. Die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und 2 GG), da die zur Rechtfertigung präventiver Freiheitsentziehung gebotene strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vom Landgericht ausreichend berücksichtigt wurde. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Während eines Castortransports traf die Polizei am 26. November 2011 gegen 11.32 Uhr auf dem Gleisbett in der Nähe des niedersächsischen Ortes Dannenberg eine Gruppe von 30 Personen beim sogenannten "Schottern" an. 14 Personen, darunter die Beschwerdeführer, wurden von der Polizei einer Identitätsfeststellung unterzogen, festgenommen und in die Gefangenensammelstelle verbracht. Am frühen Morgen des 27. November 2011 ordnete das Amtsgericht - nach Anhörung der Beschwerdeführer - jeweils die
Die von den Beschwerdeführern zum Landgericht erhobenen Beschwerden gegen die amtsgerichtlichen Beschlüsse blieben erfolglos. Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts und rügen im Wesentlichen die Verletzung ihres Rechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und 2 GG).
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen sind. Soweit die Beschwerdeführer die amtsgerichtlichen Beschlüsse angreifen, sind die Verfassungsbeschwerden unzulässig. Die landgerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihren Grundrechten auf Freiheit der Person. Die Freiheit der Person ist unverletzlich (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG). Diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung kennzeichnet das Freiheitsrecht als ein besonders hohes Rechtsgut, das nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf. Die Einschränkung dieser Freiheit ist stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen. Dies gilt in besonderem Maße für präventive Eingriffe, die nicht dem Schuldausgleich dienen.
In die Freiheit der Person darf nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen eingegriffen werden. Für die Freiheitsentziehung fügt Art. 104 Abs. 2 GG dem Vorbehalt des Gesetzes den verfahrensrechtlichen Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung hinzu. Die Freiheitsentziehung verlangt danach grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre. In diesen Fällen ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
Die Anforderungen an die Rechtfertigung von Freiheitsentziehungen werden durch die Wertungen von Art. 5 EMRK verstärkt. Demnach hat jede Person das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Zur Rechtfertigung des präventiven Gewahrsams zur Verhinderung einer Straftat kommt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - anders als von einigen Fachgerichten angenommen - nur Art. 5 Abs. 1 Satz 2 b) EMRK in Betracht. Demnach ist die Freiheitsentziehung zur "Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung" zulässig. Nicht ausreichend ist die allgemeine Verpflichtung, sich an Gesetze zu halten. Geht es um die Verpflichtung, keine Straftat zu begehen, muss diese Straftat bereits hinreichend bestimmt sein und der Betroffene muss sich unwillig gezeigt haben, sie zu unterlassen. Diesen Anforderungen ist genügt, wenn Ort und Zeit der bevorstehenden Tatbegehung sowie das potentielle Opfer hinreichend konkretisiert sind und der Betroffene, nachdem er auf die konkret zu unterlassende Handlung hingewiesen worden ist, eindeutige und aktive Schritte unternommen hat, die darauf hindeuten, dass er der konkretisierten Verpflichtung nicht nachkommen wird.
Ungeachtet des hohen Ranges des Freiheitsgrundrechts ist die Auslegung von Inhalt und Reichweite eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes und seiner Formvorschriften in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht kann erst korrigierend eingreifen, wenn das fachgerichtliche Auslegungsergebnis über die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen hinausgreift.
Die Einschätzung des Landgerichts, die angeordnete
Auch mit den Wertungen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 b) EMRK waren die Ingewahrsamnahmen der Beschwerdeführer vereinbar. Insbesondere dienten sie nicht der Durchsetzung der allgemeinen Pflicht, sich an Gesetze zu halten, sondern der spezifischen und konkreten Verpflichtung, während der Dauer des Castortransports keine weiteren Straftaten am Gleisbett zu begehen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.06.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 22688
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