wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen

Werden Sie jetzt Fan von kostenlose-urteile.de bei facebook!


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03.09.2014
1 BvR 3353/13 -

Entzug des Doktorgrades wegen "Unwürdigkeit" nur bei wissen­schafts­bezogenen Verfehlungen

Vorschrift zum Entzug des Doktortitels wegen Unwürdigkeit verstößt nicht gegen verfassungs­recht­liches Bestimmtheitsgebot

Der Entzug des Doktorgrades wegen "Unwürdigkeit" kommt nur bei wissen­schafts­bezogenen Verfehlungen in Betracht. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht und stellte insbesondere klar, dass eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Unwürdigkeit", die sich auf die Besonderheiten der Wissenschaft und die Bedeutung akademischer Titel bezieht, mit den verfassungs­recht­lichen Anforderungen des Bestimmtheitsgebots vereinbar ist.

Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Verfahrens ist Physiker. Die Universität K. promovierte ihn zum Doktor der Naturwissenschaften. Anschließend arbeitete er an einer Forschungseinrichtung in den USA. Im Mai 2002 setzte diese eine Kommission ein, um Vorwürfe des wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu klären, die in der Fachöffentlichkeit zu Publikationen des Beschwerdeführers erhoben worden waren. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Originaldaten und Proben der von ihm beschriebenen Experimente nicht systematisch archiviert habe. Es sei belegt, dass er Daten manipuliert und falsch dargestellt habe. Der Promotionsausschuss der Universität entzog dem Beschwerdeführer daraufhin im Jahr 2004 den Doktorgrad.

Fälschung von Forschungsergebnissen führen zur "Unwürdigkeit" für das Tragen eines Doktortitels

Die Klage des Beschwerdeführers war vor dem Verwaltungsgericht zunächst erfolgreich; der Verwaltungsgerichtshof wies die Klage jedoch ab. Ein Titelinhaber erweise sich als "unwürdig" zur Führung des Doktorgrades im Sinne des baden-württembergischen Landeshochschulgesetzes, wenn er gravierend gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis verstoße, insbesondere Forschungsergebnisse fälsche. Die Revision des Beschwerdeführers wies das Bundesverwaltungsgericht zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass die wissenschaftsbezogene Tatbestandsauslegung des Verwaltungsgerichtshofs hinreichend bestimmt sei.

BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an

Die Verfassungsbeschwerde gegen die verwaltungsgerichtlichen Urteile und mittelbar gegen § 35 Abs. 7 des baden-württembergischen Landeshochschulgesetzes (inzwischen unverändert übernommen in § 36 Abs. 7) blieb vor dem Bundesverfassungsgericht ohne Erfolg. Das Gericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Vorschrift zum Entzug des Doktortitels wegen Unwürdigkeit verstößt in ihrer Auslegung durch die Fachgerichte nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot.

Würdigkeit zum Führen des Doktortitels bezieht sich unmittelbar auf damit verbundene fachlich-wissenschaftliche Qualifikationen

Dem Bestimmtheitsgebot wird genügt, wenn sich aus der gesetzlichen Regelung und ihrer Zielsetzung richtungsweisende Gesichtspunkte für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ergeben. Zwar ist der Begriff der Würdigkeit an sich unscharf. Er lässt sich im Wissenschaftsrecht jedoch durch Wesen und Bedeutung des akademischen Grads präzisieren. Ein solches wissenschaftsbezogenes Verständnis erzwingt eine restriktive Handhabung, da sich die Würdigkeit unmittelbar auf die mit dem Doktorgrad verbundene fachlich-wissenschaftliche Qualifikation bezieht.

Unwürdigkeit ist ausschließlich wissenschaftsbezogen auszulegen

So wird das die Unwürdigkeit begründende Fehlverhalten funktionell mit dem Wesen und der Bedeutung des akademischen Grades verknüpft. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die Unwürdigkeit ausschließlich wissenschaftsbezogen auszulegen ist, und eine Entziehung eines akademischen Titels etwa bei Verfehlungen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs nicht in Betracht kommt. Es verstieße gegen das Bestimmtheitsgebot, für eine Entscheidung über die Unwürdigkeit Kriterien heranzuziehen - wie eine Enttäuschung traditioneller gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad -, die keine gesetzliche Grundlage haben. Die Hochschulen sind zur Abgabe und Durchsetzung solcher außerhalb der Wissenschaft angesiedelter Werturteile nicht berufen.

Eingriffe in Berufs- und Wissenschaftsfreiheit verhältnismäßig

Die Eingriffe in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) des Beschwerdeführers sind verhältnismäßig; auch insoweit sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.10.2014
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/BVerfG_1-BvR-335313_Entzug-des-Doktorgrades-wegen-Unwuerdigkeit-nur-bei-wissenschaftsbezogenen-Verfehlungen.news18926.htm

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 18926 Dokument-Nr. 18926

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.