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Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.08.2010
XII ZR 123/09 -

"Thor Steinar": Gewerberaummieter muss Vermieter vor Anmietung über außergewöhnliche Umstände aufklären, die für den Vermieter von Bedeutung sind

"Thor Steinar"-Geschäft in Berlin, Petersburger Straße muss jetzt endgültig schließen

Mieter sind verpflichtet, Vermieter vor Abschluss eines Gewerbe­raummiet­vertrages über außergewöhnliche Umstände aufzuklären, mit denen der Vermieter nicht rechnen kann und die offensichtlich für diesen von erheblicher Bedeutung sind. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ladenbetreiber im Januar 2008 ein Ladengeschäft in Berlin-Friedrichshain (Petersburger Straße) zum Betrieb eines Einzelhandels mit Textilien, Schuhen und Accessoires angemietet. Seit dem 1. Februar 2008 verkauft der Mieter dort nahezu ausschließlich Waren der Marke "Thor Steinar". Diese Marke wird in den öffentlichen Medien und in einer Internetveröffentlichung des Brandenburger Verfassungsschutzes mit einer rechtsextremistischen Gesinnung in Verbindung gebracht. Im Deutschen Bundestag und in einigen Fußballstadien ist das Tragen von Kleidung dieser Marke verboten. Seit der Eröffnung des Ladens kam es wiederholt zu Demonstrationen und Farbbeutelanschlägen auf das Ladengeschäft.

Vermieter erklärt Anfechtung des Mietvertrages

Ende Februar 2008 erklärte der Vermieter die Anfechtung des den Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung und verlangte vom Mieter die Räumung und die Herausgabe des Ladengeschäfts. Das Landgericht Berlin und das Kammergericht gaben dem Vermieter Recht. Der Bundesgerichtshof bestätigte dieses Entscheidungen.

Mieter muss Laden räumen

Der Vermieter habe einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Ladenfläche sowie einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich im Zusammenhang mit der Anfechtung des Mietvertrages entstandenen Anwaltskosten.

Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung

Der Vermieter habe den Mietvertrag wirksam gemäß §§ 123 Abs. 1, 124 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten, urteilte der BGH. Der Mietvertrag sei deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).

Täuschung, indem der Mieter über wichtige Umstände den Vermieter nicht vorab unterrichtete

Der Mieter habe den Vermieter dadurch arglistig getäuscht, wie er diesen vor Vertragsschluss nicht über seine Absicht, in den Mieträumen nahezu ausschließliche Waren der Marke "Thor Steinar" zu verkaufen, aufgeklärt habe.

Hinweis

In einem Parallelverfahren mit nahezu identischem Sachverhalt (BGH, Urteil v. 11.08.2010 - XII ZR 192/08 -) hinsichtlich eines Geschäfts im "Hundertwasserhaus" in Magdeburg hat der Bundesgerichtshof ebenfalls zu Gunsten des Vermieters entschieden.

der Leitsatz

BGB § 123 Abs. 1

Der Mieter ist verpflichtet, den Vermieter vor Abschluss eines Gewerberaummietvertrages über außergewöhnliche Umstände aufzuklären, mit denen der Vermieter nicht rechnen kann und die offensichtlich für diesen von erheblicher Bedeutung sind.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 12.10.2010
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pt)

Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 14.10.2008
    [Aktenzeichen: 29 O 143/08]
  • Kammergericht Berlin, Urteil vom 28.05.2009
    [Aktenzeichen: 8 U 223/08]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GuT 2010, 336Zeitschrift: Gewerbemiete und Teileigentum (GuT), Jahrgang: 2010, Seite: 336
  • IMR 2010, 473Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2010, Seite: 473
  • NZM 2010, 788Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2010, Seite: 788
  • ZMR 2011, 27Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2011, Seite: 27

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