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Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung zur Architekten- und Statikerhaftung wegen unterlassener Erörterung von Risiken, denen ein Bauvorhaben ausgesetzt war, getroffen. Der Gerichtshof verwies darauf, dass sich der Auftraggeber eine Mitschuld zurechnen lassen muss, wenn er aufgrund eigener Kenntnis erkennt, dass die Planung des Architekten und die Statik des Tragwerksplaners eine Gefahrenlage birgt, er diese aber in Kauf nimmt und das Bauvorhaben dennoch durchführt.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Eigentümerin eines Grundstücks an der Steilküste von Rügen. Sie plante unter anderem, einen dort vor mehreren Jahrzehnten errichteten Altbau zu sanieren. Ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Baugrundgutachten empfahl, dort einen bebauungsfreien Sicherheitskorridor zu belassen. Der von der Klägerin beantragte Bauvorbescheid wurde abgelehnt, weil die Standsicherheit des Hanges in diesem Bereich nicht gewährleistet sei. Die Baugenehmigung wurde im Oktober 2001 mit der Auflage erteilt, am Standort des Altbaus genauere Bodenuntersuchungen vorzunehmen. Die Beklagten - eine Architektengesellschaft und der Statiker - unterließen dies. Ende 2003 war das Sanierungsvorhaben fertiggestellt. Im März 2005 brach ein großes Stück der Steilküste weg. Der unmittelbar an der Abbruchstelle gelegene Altbau durfte nicht mehr genutzt werden; später musste das Gebäude abgerissen werden.
Die Klägerin hat von den Beklagten in erster Linie Schadensersatz, beziffert mit rund 2,9 Millionen Euro, verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Schadensersatzanspruch dem Grunde nach uneingeschränkt stattgegeben.
Auf die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass die Beklagten ihre vertraglichen Pflichten in zweifacher Hinsicht verletzt haben. Zum einen haben sie es unterlassen, die Risiken eines möglichen Steilhangabbruchs mit der Klägerin zu erörtern. Zwar kannte die Klägerin tatsächliche Umstände, aus denen sich die Gefährdung ergab. Das gestattet aber nicht den Schluss, dass sie deren gesamte Tragweite zutreffend bewertet hat. Zum anderen haben die Beklagten die gebotenen weiteren Baugrunduntersuchungen nicht veranlasst.
Das Berufungsgericht wird nunmehr festzustellen haben, ob sich die Klägerin auch bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten für das Bauvorhaben entschieden hätte, wobei es maßgeblich auf die Sichtweise ankommt, bevor sich das Risiko realisierte. Dabei kommt der Klägerin eine Beweislastumkehr zugute.
Sollte das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach erneut bejahen, ist ein Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Muss sich dem Auftraggeber, wie hier, aufgrund eigener Kenntnis tatsächlicher Umstände aufdrängen, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen, verstößt der Auftraggeber regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben durchführt.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.06.2013
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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