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Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.03.2007
VI ZR 178/05 -

Neben Bauherrn kann auch Architekt verkehrssicherungspflichtig sein

BGH zur Haftung eines mit der Bauleitung beauftragten Architekten

Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt kann wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haften. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einer Leitsatzentscheidung.

Im zu beurteilenden Fall hatte auf einer Baustelle die dazu beauftragte Baufirma Verschalungsarbeiten auf dem Dach eines Gebäudeteils ausgeführt. Am Ende des Arbeitstags wurde eine Teilfläche von ca. 2,5 m² nicht verschlossen, weil die erforderlichen Schalungsbretter fehlten. Die Stelle wurde mit Dachpappe abgedeckt. Warnhinweise oder Sicherungen wurden nicht angebracht. Am nächsten Tag ging ein Mitarbeiter einer weiteren auf der Baustelle beschäftigten Baufirma über die nicht verschlossene Dachfläche, um Material zu holen. Dabei stürzte er durch die Dachpappe etwa 4,5 Meter hinab und erlitt schwere Verletzungen.

Bauherr ist Hauptverantwortlicher - neben ihm kann Architekt haften

Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt entschieden, dass eine Haftung des mit der örtlichen Bauaufsicht bzw. Bauleitung beauftragten Architekten wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (§ 823 Abs. 1 BGB) in Betracht kommt. Mit der Übernahme einer solchen Aufgabe trifft auch den Architekten die Pflicht, nicht nur seinen Auftraggeber, sondern auch Dritte vor Schäden zu bewahren, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks entstehen können. Im Regelfall braucht der Architekt zwar nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen. In erster Linie ist der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig. Er hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen. Unfallverhütungsvorschriften wenden sich nur an ihn.

Sekundäre Verkehrssicherungspflicht des Architekten bei überwiegendem Wissen

Selbst verkehrssicherungspflichtig wird der mit der örtlichen Bauaufsicht bzw. Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragte Architekt aber, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Er müsse, so der Bundesgerichtshof, auf Gefahren achten und dürfe seine Augen nicht verschließen, um auf diese Weise jeglichem Haftungsrisiko aus dem Wege zu gehen.

Primäre Verkehrssicherungspflichten bei selbständiger Schaffung einer Gefahrenquelle

Neben dieser so genannten "sekundären" Verkehrssicherungspflicht, die sich grundsätzlich darauf beschränkt, erkannte oder erkennbare baustellentypische Gefahrenstellen zu beseitigen, träfen den bauleitenden Architekten "primäre" Verkehrssicherungspflichten, wenn er selbst Maßnahmen an der Baustelle veranlasst, die sich als Gefahrenquelle erweisen können, sei es, dass die Auftragserteilung schon unmittelbar Gefahren für andere begründen kann oder dass solche Gefahren nicht von vornherein ausgeschlossen sind.

Von Architekturbüro eingesetzte Bauleiterin wusste über Loch im Dach Bescheid

Nach diesen Grundsätzen habe die von dem später in Anspruch genommenen Architekturbüro eingesetzte Bauleiterin eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie habe seit dem Tag vor dem Unfall gewusst, dass die ausführende Firma das Dach nicht würde vollständig verschalen können und somit ein Loch in der Decke verblieben war. Zudem hätte sie nach ihrem Schreiben an die andere Baufirma damit rechnen müssen, dass die Abbrucharbeiten am benachbarten Haus vor der von ihr angeordneten Fertigstellung der Verschalung beginnen würden. Deshalb hätte die Bauleiterin erkennen können, dass eine erhöhte Gefahrenlage bestanden habe, weil sich Arbeiter eines anderen Unternehmens auf dem noch nicht fertig gestellten Dach bewegen könnten. Es stehe insbesondere in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, in einem solchen Fall eine eigene Verkehrssicherungspflicht des bauleitenden Architekten anzunehmen, weil dieser am besten die Zusammenhänge überschauen konnte. Im Streitfall habe sich nämlich eine im Zusammenhang mit einer Baustelle oft gegebene Gefahren- und Haftungssituation verwirklicht, die dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass eine Vielzahl von Personen bei der Errichtung des Bauprojekts tätig gewesen seien. Die aus diesem Ablauf und der Verkettung der Vorgänge resultierenden Gefahren zu beherrschen, sei in erster Linie Aufgabe der Planung und der Bauleitung, die hier bei der von dem Architekten beauftragten Mitarbeiterin. Zudem ergebe sich die Verletzung einer "primären" Verkehrssicherungspflicht daraus, dass sie durch ihre Mitteilung an die Firma, die Abriss- und Entkernungsarbeiten an dem anderen Haus könnten beginnen, und der Vorgabe an die andere Firma, das Dach fertigzustellen, Maßnahmen an der Baustelle veranlasst habe, die erkennbar eine Gefahrenquelle dargestellt hätten.

Kein Haftungsausschluss wegen gemeinsamer Betriebsstätte

Eine Haftung des Architekten sei auch nicht nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses wegen des Vorliegens einer gemeinsamen Betriebsstätte nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ausgeschlossen. Eine Haftungsfreistellung nach dieser Norm könne zugunsten des versicherten Unternehmers nämlich nur dann eingreifen, wenn dieser auf der gemeinsamen Betriebsstätte selbst tätig geworden sei. Der Sachverhalt lasse nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennen, dass ein Organ der Architekten, auf deren Tätigkeit allenfalls abgestellt werden könnte, auf der Betriebsstätte tätig gewesen sei. Die Mitarbeiterin des Architekten sei nicht als ein solches Organ anzusehen.

der Leitsatz

BGB § 823; SGB VII § 106 Abs. 3 Alt. 3

a) Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt kann wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haften.

b) Zwischen dem mit der Bauleitung beauftragten Architekten und einem Bauhandwerker besteht regelmäßig keine gemeinsame Betriebsstätte.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.10.2008
Quelle: ra-online (we)

Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 19.11.2004
    [Aktenzeichen: 2/21 O 538/03]
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.08.2005
    [Aktenzeichen: 26 U 71/04]
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