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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.10.2012
IV ZB 16/12 -

Prozesskostenhilfe: Entzug der Bewilligung infolge falscher Angaben des Antragstellers gerechtfertigt

Gericht darf bei Zweifel an Redlichkeit des Antragsstellers Prozesskostenhilfe versagen

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann nach § 124 Nr. 2, Alternative 1 ZPO nachträglich aufgehoben werden, wenn der Antragsteller im Bewilligungsverfahren absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über seine persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn die falschen Angaben nicht zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof.

Im zugrunde liegenden Fall war dem Beklagten eines Rechtsstreits um die Rückzahlung eines Darlehens zunächst auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nachträglich stellte sich heraus, dass er bei Antragstellung eine teilweise unrichtige und unvollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hatte. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte er absichtlich versucht, seine wirtschaftliche Situation, insbesondere in Bezug auf seine Geschäftsführerstellung und Beteiligung an einer GmbH, ferner die Nutzung eines Firmenwagens, zu verschleiern.

LG hebt Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf

Infolge dessen hob das Landgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2, Alternative 1 ZPO nachträglich auf. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe blieb erfolglos.

Beklagter verweist auf Änderungen seiner Verhältnisse und Angaben zum Zeitpunkt der Prozesskostenbewilligung

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Der Beklagte hatte im Beschwerdeverfahren die ursprüngliche Unrichtigkeit seiner Angaben eingeräumt, jedoch geltend gemacht, bis zum Zeitpunkt der Prozesskostenhilfebewilligung hätten sich seine Verhältnisse derart verändert gehabt, dass seine Angaben zuletzt nicht mehr falsch gewesen seien und ihm bei objektiver Betrachtung ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe zugestanden habe. Das stützte sich auf eine bisher weit verbreitete Rechtsauffassung, der zufolge § 124 Nr. 2 ZPO allein bezwecke, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Es handele sich um eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter.

Sanktionierung von Falschangaben nicht zu beanstanden

Der Bundesgerichtshof ist dem entgegengetreten. Dass die Vorschrift allein schon die absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten Falschangaben eines Antragstellers sanktioniere, ergebe sich nicht nur aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 124 Nr. 2 Alternative 1 ZPO, sondern zeige auch der Gesetzeszweck.

Antragsteller bei Aufklärung persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet

Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot stehe, sei der Antragsteller bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet, so der Bundesgerichtshof. Komme er dieser Pflicht nicht nach, könne das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen. Das Gericht sei im Bewilligungsverfahren, welches sich im Interesse des Antragstellers mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnüge, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen. Begründe der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheine es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglich erscheine, entschieden die Richter.

§ 124 ZPO

Aufhebung der Bewilligung

Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;

2. die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 nicht abgegeben hat;

3. die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;

4. die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.11.2012
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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