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Täter eines Totschlagsdelikts kann auch derjenige sein, der einen anderen Menschen durch Täuschung lenkt und dazu verleitet, eine Ursache für den eigenen Tod zu setzen, ohne dass dieser sich töten will. Dies entschied 1983 der Bundesgerichtshof in einem aufsehen erregenden Mordprozess. Der Fall ist aufgrund des bemerkenswerten Sachverhalts sowie der dogmatischen Ausführungen zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme in die Rechtsgeschichte eingegangen.
Durch Zufall kreuzen sich zwei Lebenswege: Das spätere Opfer - eine 1951 geborene junge Frau - und der vier Jahre ältere Angeklagte lernten sich 1973/1974 in einer Disko kennen. Zwischen dem Opfer, das nach den Feststellungen des Gerichts "damals noch eine unselbständige und komplexbeladene junge Frau" war, und dem Angeklagten entwickelte sich in der Folge eine intensive Freundschaft, die weniger von sexuellen Kontakten als von Diskussionen über Psychologie und Philosophie geprägt war. Es gab häufigere, teils mehrere Stunden dauernde Telefongespräche sowie alle paar Monate ein Treffen. Der Angeklagte wurde für die junge Frau zum Mentor in allen Lebensfragen, der immer für sie da war. Laut Einschätzung der Richter "vertraute und glaubte sie ihm blindlings."
Nach Festigung der Vertrauensbasis setzte der Angeklagte sein Opfer davon in Kenntnis, dass er nicht von der Erde stamme, sondern ein Bewohner des Sterns Sirius sei. Die Sirianer seien eine Rasse, die philosophisch auf einer weit höheren Stufe stehen als die Menschen. Sie hätten ihn mit dem Auftrag zur Erde entsandt, dafür zu sorgen, dass einige wertvolle Menschen nach dem völligen Zerfall ihrer Körper mit ihrer Seele auf einem anderen Planeten oder dem Sirius weiterleben könnten.
Natürlich war seine junge Freundin eine der auserwählten Frauen. Damit sie das Ziel erreiche, müsse sie sich jedoch geistig und philosophisch noch weiterentwickeln. Sie glaubte dem Angeklagten. Dieser ging einen Schritt weiter: Er erläuterte ihr, dass sie die Fähigkeit zum Weiterleben nach dem Tod auf Sirius dadurch erlangen könne, dass sich der ihm bekannte Mönch Uliko für sie in "totale Meditation" versetze. Dadurch werde es ihrem Körper möglich, während des Schlafes mehrere Ebenen zu durchlaufen und dabei eine geistige Entwicklung durchzumachen. Dafür müsse sie aber an das Kloster, in dem der Mönch lebe, 30.000 DM bezahlen. Im Vertrauen auf den Angeklagte beschaffte die Frau daraufhin das Geld durch einen Bankkredit und übergab es ihm. Dieser verbrauchte es für sich.
In den folgenden Monaten erklärte der Angeklagte, der Mönch Uliko habe sich mit seinen Meditationen für die Frau in große Gefahr begeben. Er habe aber keinen Erfolg erzielt, weil sich ihr Bewusstsein gegen die geistige Weiterentwicklung versperre. Ursache sei ihr Körper. Die Blockade könne nur durch Vernichtung des alten und Beschaffung eines neuen Körpers beseitigt werden. Auch hierfür hatte der Angeklagte eine Lösung parat: In einem roten Raum am Genfer See stehe für sie ein neuer Körper bereit, in dem sie sich als Künstlerin wieder finden werde, wenn sie sich von ihrem alten Körper trenne.
Natürlich benötige sie in ihrem neuen Leben Geld. Dies lasse sich beschaffen, indem sie eine Lebensversicherung über 250.000 DM (bei Unfalltod 500.000 DM) abschließe, den Angeklagten als Bezugsberechtigten bestimme und durch einen vorgetäuschten Unfall aus ihrem jetzigen Leben scheide. Nach der Auszahlung werde er ihr die Versicherungssumme überbringen. Die junge Frau schloss einen entsprechenden Versicherungsvertrag ab.
Nach Einsetzen des Versicherungsschutzes Ende 1979 sollte die junge Frau auf Verlangen und nach den Anweisungen des Angeklagten in ihrer Wohnung ein Wannenbad nehmen und einen eingeschalteten Fön in das Wasser fallen lassen. Diesen Plan setzte sie am 01. Januar 1980 in die Tat um. Jedoch erlitt sie keinen tödlichen Stromstoß. Aus "technischen Gründen" verspürte sie lediglich ein Kribbeln am Körper, als sie den Fön eintauchte. Der Angeklagte gab ihr daraufhin 3 Stunden lang telefonisch Anweisungen zur Fortführung des Tötungsversuchs. Schließlich nahm er von weiteren Bemühungen Abstand, weil er sie für aussichtslos hielt.
Der Angeklagte wurde in dem folgenden Strafprozess vor dem Landgericht Baden-Baden wegen versuchten Mordes aus Habgier, Betrugs,
Der Angeklagte legte erfolglos Revision vor dem Bundesgerichtshof ein, da versuchter
Der Angeklagte habe der Frau gerade nicht lediglich vorgespiegelt, es werde durch den Tod in eine transzendente Existenz eingehen. Vielmehr versetzte er sie in den
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1983 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechtsgeschichte geschrieben haben".
StGB 1975 § 25 Abs. 1, §§ 211, 212
Zur Abgrenzung von strafbarer Tötungstäterschaft und strafloser Selbsttötungsteilnahme in Fällen, in denen der Suizident durch Täuschung zur Vornahme der Tötungshandlung bewogen wird.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.02.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)
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Dokument-Nr. 11021
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