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Die Auswirkung der Personenverwechslung des Mordopfers ist eine der klassischen Streitfragen des Strafrechts. Sie war bereits Gegenstand eines berühmten Mordprozesses vor dem Preußischen Obertribunal, der als Rose-Rosahl-Fall in die Rechtsgeschichte einging. Der Bundesgerichtshof (BGH) vertritt bis heute im Wesentlichen die damals vom Gericht vertretenen Rechtsausführungen. Dies zeigt der Hoferben-Fall - Die moderne Version des Rose-Rosahl-Falls.
Die Sachverhaltskonstellation beider Fälle ähneln sich: Der Angeklagte des Hoferben-Falls hat sich 1984 entschlossen, seinen Sohn aus erster Ehe und Hoferben, zu töten. Grund war, dass er ihm den Hof gegen Einräumung eines Nießbrauchrechts übergeben hatte. Dieses Nießbrauchsrecht machte ihm der Sohn später aber streitig. Er wurde außerdem - meist unter Alkohol - gegenüber dem Vater handgreiflich. Dieser fürchtete deshalb die Vernichtung seiner Existenz und den Verlust seines Heimes. Er sah den häuslichen Frieden nachhaltig gestört. Er glaubte, dass die Tötung des Sohnes zur eigenen Rettung und zur Rettung der Familie erforderlich sei. Er versprach dem späteren Mitangeklagten Geld für die Tötung des Sohnes. Er selbst fühlte sich als Vater außerstande, die Tat auszuführen. Der Mitangeklagte sollte den Sohn im Pferdestall töten. Der Vater unterrichtete den Mitangeklagten über Gewohnheiten und Aussehen des Sohnes, damit niemand anders zu Schaden komme. Er zeigte ihm auch ein Foto vom Sohn. Er setzte ihm eine Frist zur Ausführung der Tat, die mit einem Kleinkalibergewehr verübt werden sollte. Das nähere Vorgehen überließ der Vater dem Mitangeklagten.
Am Tatabend, dem 25.11.1985, vergewisserte sich der Vater beim Mitangeklagten, dass dieser den Sohn werde identifizieren können. Gegen 19 Uhr - es war bereits dunkel - betrat ein Nachbar den Hof und öffnete die Stalltür. Er ähnelte dem Sohn und hielt eine Tüte in der Hand, wie dies auch der Sohn zu tun pflegte. Der Mitangeklagte glaubte deshalb, den Richtigen vor sich zu haben und erschoss den nichts ahnenden Nachbarn aus kurzer Entfernung. Die Tat blieb als vermeintlicher Unglücksfall zunächst unentdeckt. Der Vater wollte weiterhin seinen Sohn töten. 2 Jahre später sah er die Gelegenheit gekommen: Er ließ seinen Sohn ein Messer in die Hand nehmen, um später eine Notwehrsituation behaupten zu können, und schlug ihm in Tötungsabsicht von hinten mit einem Eisenrohr auf den Kopf. Der Sohn konnte jedoch verletzt fliehen und überlebte.
Das Landgericht Bielefeld verurteilte den Vater wegen versuchter
Die Richter des BGH führten aus, dass Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung das im Gesetz geregelte Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme sein müsse. Nach § 26 Strafgesetzbuch werde der Anstifter gleich dem Täter bestraft. Er verwirkliche grundsätzlich gleiches Unrecht wie der Täter und solle ebenso haftbar sein wie dieser. Der Anstifter greife das geschützte Rechtsgut durch seine Einwirkung auf den Täter mittelbar an. Geschütztes Rechtsgut der Tötungsdelikte sei das Leben. Es werde auch dann verletzt - und nicht etwa im Sine eines Versuchs bloß gefährdet -, wenn sich der Täter über die Person des Opfers irre. Deshalb bedürfe es einer besonderen Rechtfertigung, wenn ein in der Person des Täters unbeachtlicher Umstand im Gegensatz dazu bei dem Anstifter als rechtserheblich behandelt werden solle. Eine solche Rechtfertigung in der unterschiedlichen Vorsatzrichtung der beiden Angeklagten konnten die Richter jedoch nicht erkennen.
Der Anstifter muss nach dem Gesetz vorsätzlich handeln. Deshalb sei dem Vater zuzugeben, dass er nicht hafte, wenn die Haupttat von seinem Vorstellungsbild abweiche. Jedoch habe der
Der Vater habe zwar nicht die Tötung des Nachbarn gewollt. Jedoch wollte er die Tötung seines Sohnes. Den von diesem Plan abweichenden Tatverlauf müsse er sich zurechnen lassen, da eine Verwechslung des Opfers durch den Täter nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung gelegen habe. Er habe, als er den Pferdestall verließ, das Geschehen bewusst aus der Hand gegeben. Angesichts der Lichtverhältnisse habe durchaus die Gefahr bestanden, dass der Täter andere Personen mit dem ins Auge gefassten Opfer verwechseln würde. Diese Möglichkeit sei dem Vater sogar bewusst gewesen, weil er sich vor dem Fortgehen vergewisserte, dass der Mitangeklagte den Sohn identifizieren könne. Dass der Tatverlauf schließlich unerwünscht gewesen sei, hindere die Zurechnung zum
Die Regeln für das Fehlgehen des Angriffs (aberratio ictus) sind nach Auffassung des BGH auf Fälle wie den vorliegenden nicht anwendbar. Sie seien - als Sonderfall der Kausalabweichung - für Geschehensläufe entwickelt worden, in denen der Täter das Angriffsobjekt vor sich sehe, an seiner Stelle aber ein anderes Objekt verletze. Die Übertragung dieser Regeln auf andere Sachverhalte sei nicht erforderlich. Unangemessene Ergebnisse ließen sich über die Kategorie der Zurechnung der Abweichungen vom vorgestellten Verlauf des Geschehens innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren vermeiden.
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1990 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechtsgeschichte geschrieben haben".
Der Irrtum des Täters über die Person des Tatopfers ist für den Anstifter unbeachtlich, es sei denn, dass die Verwechslung des Opfers durch den Täter außerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren liegt.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)
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Dokument-Nr. 11079
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