kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.
Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.
Hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass ein rechtskräftig klageabweisendes Urteil in einem Kündigungsschutzverfahren, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt, so begründet dies für den gekündigten Arbeitnehmer keinen Wiedereinstellungsanspruch. Die richterliche Anerkennung eines solchen Anspruchs steht im Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 1997 wurde ein Mitarbeiter einer katholischen Kirchengemeinde gekündigt, weil er sich von seiner Ehefrau getrennt hatte. Nachdem seine dagegen erhobene Kündigungsschutzklage in sämtliche Instanzen erfolglos blieb und selbst das Bundesverfassungsgericht seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annahm, legte er vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Individualbeschwerde ein. Dieser stellte fest, dass die rechtskräftigen klageabweisenden Urteile im Kündigungsschutzverfahren gegen Art. 8 EMRK verstoßen haben (EGMR, Urt. v. 23.09.2010 - 1620/03 -). Aufgrund dieser Entscheidung beanspruchte der Arbeitnehmer nunmehr im Jahr 2013 die
Sowohl das Arbeitsgericht Essen als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wiesen die Klage auf
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Klägers zurück. Ihm habe kein Wiedereinstellungsanspruch zugestanden. Dieser habe sich vor allem nicht aus der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzung ergeben. Denn die richterliche Anerkennung eines solchen Anspruchs wäre mit der deutschen Rechtsordnung unvereinbar.
Ein Wiedereinstellungsanspruch würde nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts einen Eingriff in die Vertragsabschlussfreiheit als Teil der verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie darstellen. Grundsätzlich dürfe jeder Arbeitgeber frei entscheiden, ob er dem ausgeschiedenen Mitarbeiter ein neues Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mache. Dies werde deutlich durch § 15 Abs. 6 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Danach werde der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen nicht verpflichtet, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Vielmehr sei der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers auf eine Entschädigung beschränkt.
Darüber hinaus würde ein Wiedereinstellungsanspruch die Rechtskraft als tragenden Grundsatz des Zivilverfahrensrechts beeinträchtigen, so das Bundesarbeitsgericht. Ein solcher Anspruch würde die verfassungs- sowie konventionsrechtlich geschützte Rechtskraft als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips beseitigen.
Ferner stehe nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts der richterlichen Schaffung eines Wiedereinstellungsanspruchs zur Wiedergutmachung einer Konventionsverletzung die Grundsätze der Gewaltenteilung und der Gesetzesbindung entgegen. Ohne einen gesetzlichen Anknüpfungspunkt dürfe ein Richter einen solchen Anspruch nicht schaffen. Andernfalls würde ein unzulässiger Eingriff in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vorliegen. Ein Richter dürfe nicht seine eigene Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers stellen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.10.2016
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/BAG_9-AZR-74314_BAG-Durch-Europaeischen-Gerichtshof-fuer-Menschenrechte-festgestellte-Konventionsverletzung-begruendet-keine-Wiedereinstellung-eines-gekuendigten-Arbeitnehmers~N23312
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Dokument-Nr. 23312
kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.
Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.