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Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 18.09.2020
36 C 495/20 -

Eigen­bedarfs­kündigung zwecks Unterbringung einer Pflegekraft setzt nicht Benennung der Pflegeperson voraus

Keine Pflicht zur Aufnahme einer Pflegperson in eigene Wohnung trotz ausreichenden Platzes

Eine Eigen­bedarfs­kündigung kann grundsätzlich darauf gestützt werden, dass die Wohnung zur Unterbringung einer Pflegekraft benötigt wird. Die namentliche Nennung der Pflegperson ist nicht erforderlich. Zudem besteht keine Pflicht des Vermieters die Pflegeperson in der eigenen Wohnung aufzunehmen, selbst wenn ausreichend Platz dafür vorhanden ist. Dies hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2019 erhielt der Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung in Stuttgart eine Eigenbedarfskündigung. Der Vermieter gab an, die Wohnung für die Unterbringung einer Pflegeperson zu benötigen. Der Vermieter, der ebenfalls in dem Gebäude eine Wohnung bewohnte, war Witwer und stark gehbehindert. Er saß im Rollstuhl und war in Pflegestufe 3 eingestuft. Seit dem Tod seiner Ehefrau war er auf fremde Hilfe angewiesen. Der Mieter wehrte sich gegen die Kündigung unter anderem mit der Begründung, sie sei formell unwirksam, da die für den Einzug vorgesehene Pflegeperson nicht benannt war. Der Vermieter erhob schließlich Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Keine formelle Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung

Das Amtsgericht Stuttgart entschied, dass die Eigenbedarfskündigung nicht formell unwirksam sei. Es sei nicht erforderlich, dass die Pflegeperson zum Zeitpunkt der Kündigung bereits namentlich feststeht. Es reiche aus, wenn der Vermieter den ernsthaften Willen hat, eine Pflegeperson aufzunehmen und wenn mit einiger Sicherheit damit zu rechnen sei, dass der Vermieter innerhalb naher Zukunft eine Pflegeperson benötigt. So lag der Fall hier.

Keine Pflicht zur Aufnahme einer Pflegperson in eigene Wohnung trotz ausreichenden Platzes

Der Vermieter sei nach Ansicht des Amtsgerichts auch nicht verpflichtet, die Pflegekraft in seine eigene Wohnung aufzunehmen, obwohl dazu ausreichend Platz zur Verfügung steht. Es sei die eigene Entscheidung des Vermieters, ob er in seiner eigenen Wohnung eine Person, die nicht mit ihm verwandt ist, zu seiner Pflege aufnimmt. Die Entscheidung, in seiner Wohnung alleine zu leben, auch wenn er auf fremde Hilfe angewiesen ist, unterliege dem durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsrecht.

Kein Räumungsanspruch aufgrund Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung

Das Amtsgericht verneint schließlich dennoch einen Räumungsanspruch. Denn der Eigennutzungswunsch des Vermieters sei rechtsmissbräuchlich, da er direkt über seiner eigenen Wohnung eine leer stehende Wohnung zur Verfügung stehen hat.

Landgericht wies Berufung zurück

Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde vom Landgericht Stuttgart bestätigt und ist somit rechtkräftig.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.09.2021
Quelle: Amtsgericht Stuttgart, ra-online (zt/WuM 2021, 496/rb)

Nachinstanz:
  • Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 07.12.2020
    [Aktenzeichen: 13 S 125/20]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WuM 2021, 496Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2021, Seite: 496

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