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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000
9 S 2435/99 -

Plagiat: Nicht ordnungsgemäße Quellenangabe bzw. Zitierweise kann zur Entziehung der Doktorwürde führen

Inhalt der vorgelegten Doktorarbeit maßgeblich - nicht hypothetische Arbeit

Werden in einer Doktorarbeit für Textpassagen nicht die Quellen angegeben oder wird nicht ordnungsgemäß zitiert, so liegt darin eine Täuschung. Diese kann zur Entziehung der Doktorwürde führen. Dabei kommt es auf die vorgelegte Doktorarbeit an und nicht auf eine hypothetische. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Einem Doktoranden der Rechtswissenschaften wurde im Juni 1990 von der Universität Freiburg die Doktorwürde verliehen. Im Laufe des Jahres 1991 stellte sich jedoch heraus, dass etwa ein Viertel der Arbeit aus fremden Werken abgeschrieben war. Dies wurde weder durch Quellenangaben oder Zitate gekennzeichnet. Die Universität sah darin eine bewusste Täuschung und entzog ihm die Doktorwürde. Nachdem der Doktorand gegen den Bescheid erfolglos Widerspruch einlegte, erhob er gegen den Entziehungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Er begründete seine Klage unter anderem damit, dass seine Arbeit auch ohne die beanstandeten Textpassagen noch genügend wissenschaftliche Substanz habe, um ihm die Doktorwürde zu verleihen. Darüber hinaus wäre ihm die Doktorwürde auch bei korrekter zitierweise, zwar mit einer schlechten Benotung, aber dennoch verliehen worden. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es hielt beide Bescheide für rechtmäßig, da der Doktorand den Doktorgrad durch eine Täuschung erhalten habe. Gegen diese Entscheidung richtete sich seine Berufung.

Entziehung des Doktorgrads war rechtmäßig

Die Berufung hatte zum Teil Erfolg. Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs sei der Widerspruchsbescheid rechtswidrig gewesen, da er von einer unzuständigen Stelle ergangen sei. Die Entziehung des Doktorgrads sei jedoch rechtmäßig gewesen. Denn die vom Doktoranden vorgelegte Dissertation habe nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit erbracht (vgl. § 54 Abs.1 Universitätsgesetz Baden-Württemberg). Nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Arbeit genüge den Anforderungen an eine Dissertation (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.11.1980 - IX 1302/78). Das Weglassen solcher Angaben sei als Täuschung zu bewerten.

Ursächlichkeit zwischen Täuschung und Verleihung der Doktorwürde bestand

Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs seien die Täuschung und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es habe sich bei der Doktorarbeit um eine eigenständige Leistung gehandelt, für die Verleihung der Doktorwürde ursächlich gewesen. Dabei habe es keine Rolle gespielt, ob dem Doktoranden für eine andere Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre oder ob der Anteil der selbständigen Eigenleistung an seiner Dissertation mit einer anderen Note hätte bewertet werden können. Denn bei der Beurteilung zur Entziehung komme es immer auf die vorgelegte Arbeit an. Eine Bewertung auf Grundlage einer hypothetischen Arbeit finde nicht statt. Das gelte auch für die Frage, was geschehen wäre, wenn der Doktorand seine Arbeit korrekt zitiert hätte.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 19.05.1999
    [Aktenzeichen: 1 K 1501/97]
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