Im vorliegenden Rechtsstreit hat eine syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde eine Genehmigung für einen entsprechenden Umbau eines Abstellraums im Keller ihres Kirchengebäudes in eine Krypta begehrt. Die Klage blieb jedoch ohne Erfolg.
Die Krypta soll als Begräbnisstätte mit 10 Bestattungsplätzen für die verstorbenen Pfarrer der Kirchengemeinde dienen. Sie liegt im Untergeschoss der Kirche, ist nur von außen zugänglich und hat oberirdische Fenster zur Be- und Entlüftung des Raumes. Die Kirche liegt in einem großen Industriegebiet der Gemeinde Kirchardt. Ihre Ostseite mit der geplanten Krypta liegt nur wenige Meter von einem holzverarbeitenden Betrieb mit 85 Mitarbeitern entfernt. Auf der befestigten Betriebsfläche entlang der gemeinsamen Grenze werden auf Höhe eines der Krypta gegenüber liegenden Rolltores Waren be- und entladen. Ferner sind hier mehrere Container gelagert und Holzpaletten gestapelt.
Die Kirche ist 1994 mit Zustimmung der Gemeinde Kirchardt genehmigt worden. Dem Bau der Krypta ist die Gemeinde aber immer entgegengetreten, weil sie nichts ins Industriegebiet passe und mit der Totenruhe nicht vereinbar sei. Die Kirchengemeinde hatte damals zunächst auch die Krypta mit beantragt, diese aber dann aber aus den eingereichten Plänen gestrichen. Im Jahr 2005 hat sie einen neuen Bauantrag für die Krypta gestellt und zur Begründung auf die verbindliche Tradition verwiesen, wonach syrisch-orthodoxe Geistliche nicht auf öffentlichen Friedhöfen, sondern nur in "geweihter Erde", möglichst unter dem Altar der eigenen Kirche begraben werden müssten. Es handelt sich um den ersten Fall dieser Art in Deutschland. Andere syrisch-orthodoxe Gemeinden bestatten ihre Pfarrer in einem der syrisch-orthodoxen Kloster. Eines befindet sich in den Niederlanden, ein anderes in Warburg bei Höxter/Westfalen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte bereits 2009 entschieden, dass die Krypta im Industriegebiet gebietsunverträglich und deswegen unzulässig ist. Auf die Revision der Kirchengemeinde hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Das Gericht müsse prüfen, ob die Krypta nicht im Wege einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans genehmigt werden könne. Dabei komme es auf die konkrete Situation vor Ort an. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Verhältnisse vor Ort neu überprüft und auch die Umstände bei und nach Genehmigung der Kirche nochmals vertieft gewürdigt hat, ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiungsentscheidung aus mehreren Gründen nicht vorliegen.
Bei Zulassung dieser kirchlichen Begräbnisstätte im Industriegebiet in unmittelbarer Umgebung des holzverarbeitenden Betriebs würden Grundzüge des Planungskonzepts der Gemeinde Kirchardt berührt, heißt es in den Entscheidungsgründen. Die Gemeinde habe 1970 mit dem Bebauungsplan ein klassisches Industriegebiet schaffen wollen, in dem vor allem stark emittierende Gewerbebetriebe untergebracht werden sollten. Diese Absicht bestehe bis heute fort: das Industriegebiet solle südlich der Kirche erweitert werden, ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans laufe. Das Plankonzept werde durch den Einbau der grenznahen Krypta gestört, da auf die Totenruhe Rücksicht genommen werden müsse und auf längere Sicht die reale Möglichkeit bestehe, dass zu deren Schutz Lärmschutzauflagen gegenüber dem angrenzenden Betrieb erlassen würden und auch die Erweiterungsplanung des Industriegebiets verändert werden müsste. Zwar sei auch schon mit der Kirche ein gewisses Spannungsverhältnis zur umliegenden Industrie geschaffen. Dieses werde sich mit Zulassung der Krypta aber noch deutlich verstärken. Das Schutzbedürfnis der Krypta als Ort der Totenruhe gegen Industrielärm sei höher als das einer reinen Kirche. Nach herrschenden kulturellen Vorstellungen verlange die Totenruhe ein ruhiges pietätvolles Umfeld und ausreichend Abstände zu industriellen Nutzungen. Daran fehle es hier. Die Krypta sei nach ihrer Lage (Grenznähe) und Beschaffenheit (Außeneingang, Belüftungsfenster nach Osten) konkretem Lärm von Seiten des nahen Betriebs ausgesetzt. Wegen der geschilderten konkreten Konfliktlage sei die Krypta auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen des holzverarbeitenden Betriebs nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar. Das Gewicht des religiösen Interesses der Kirchengemeinde am Einbau der Krypta werde schließlich dadurch gemindert, dass sie sich durch ihr Verhalten zwischen 1994 und 2005 bewusst auf eine Kirche auch ohne Krypta eingelassen habe.