wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen

Werden Sie jetzt Fan von kostenlose-urteile.de bei facebook!


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.05.2017
1 S 893/17 -

Hausverbot für Journalisten zum Schutz von Gerichtsbesuchern zulässig

Beschränkung von Umfragen eines Journalisten auf Bereiche außerhalb eines Gerichtsgebäudes nicht zu beanstanden

Ein Hausverbot zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeits­rechts von Gerichtsbesuchern, insbesondere Vollstreckungs­schuldnern, und Gerichts­bediensteten kann auch gegenüber einem Vertreter der Presse gerechtfertigt sein. Dies entschied der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg.

Nach den Ausführungen des Gerichts habe der Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls im Flur des Amtsgerichts vor dem Dienstzimmer der Gerichtsvollzieher gewartet, bis Besucher - mutmaßliche Vollstreckungsschuldner - herausgetreten seien. Er habe diese Besucher angesprochen, sich als Journalist vorgestellt und ihnen sein Anliegen erklärt, eine Umfrage zur Arbeit der Gerichtsvollzieher durchzuführen. Er habe dazu einen Fragebogen übergeben, der einen einleitenden Artikel sowie an Vollstreckungsschuldner gerichtete Fragen enthalten habe ("Welche Erfahrungen haben Sie mit welchem Gerichtsvollzieher gemacht?", "Ist Ihre Wohnung durch den Gerichtsvollzieher aufgebrochen und/oder durchsucht worden […]?" usw.). Der Antragsteller habe gegenüber dem Präsidenten des Amtsgerichts angekündigt, im Gericht die an einem Tag bereits durchgeführte Befragung von Gerichtsbesuchern, die aus dem Dienstzimmer der Gerichtsvollzieher heraustreten, fortzusetzen. In einer E-Mail an den Präsidenten des Amtsgerichts habe der Antragsteller zum anderen mitgeteilt, seinem "Team" lägen Erkenntnisse vor über die "Verletzung von Dienstgeheimnissen, Absprachen, Beeinflussungen, Befangenheit, Diebstahls von Büro- und Betriebsmitteln, Sex unter den Justizangestellten, Bevorzugungen, Vorteilnahme, Alkoholprobleme und Nebenbeschäftigungen von Justizangestellten bei dem von Ihnen geleiteten Gericht". Der Antragsteller wandte sich in einem gegen das Land Baden-Württemberg (Antragsgegner) geführten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Freiburg und dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erfolglos gegen das sofort vollziehbare Hausverbot.

Ansprache durch Journalisten kann Besucher der Gerichtsvollzieher in allgemeinem Persönlichkeitsrecht verletzen

Das vom Präsidenten des Amtsgerichts gegenüber dem Antragsteller am 19. August 2016 ausgesprochene, bis zum 31. Mai 2017 befristete Hausverbot sei voraussichtlich rechtmäßig, so der Verwaltungsgerichtshof. Es sei darauf beschränkt, die Gebäude zum Zweck der "angekündigten Befragungen" zu betreten. Die Ansprache von Besuchern der Gerichtsvollzieher durch den Antragsteller könne die Besucher in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Sinne eines Schutzes vor Indiskretion habe jedermann grundsätzlich das Recht ungestört zu bleiben. Die geschützte Privatsphäre umfasse Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als privat eingestuft würden, weil das Bekanntwerden nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöse. In diese Privatsphäre greife der Antragsteller mit seiner Ansprache von ihm fremden Gerichtsbesuchern und der sinngemäßen Frage, ob sie "Kunden" des Gerichtsvollziehers seien, dessen Dienstzimmer sie gerade verlassen hätten, ein. Dahingehende Fragen würden regelmäßig als peinlich, jedenfalls als unschicklich empfunden. Das Anhalten einer Person vor dem Dienstzimmer eines Gerichtsvollziehers vergrößere die Gefahr, dass der Besuch des Gerichtsvollziehers auch anderen Besuchern des Gerichts bekannt werde. Der Antragsteller habe zudem eine Verhaltensweise angekündigt, welche auch die Persönlichkeitsrechte von Bediensteten des Gerichts beeinträchtigen würde. Hätte der Antragsteller diese im öffentlichen Bereich des Gerichts u.a. mit dem Vorwurf strafbarer Handlungen konfrontiert, auf Alkoholprobleme oder gar auf ihre Sexualkontakte angesprochen, hätte dies gravierende Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht bis hin zu Übergriffen in ihre Intimsphäre zur Folge gehabt.

Journalist reißt Besucher durch Ansprache aus Schutz der Anonymität heraus und setzt sie Gefahr einer Bloßstellung aus

Diese Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schuldner und Gerichtsbediensteten seien nicht durch die Grundrechte des Antragstellers gerechtfertigt. Die Rechte der Presse, auf die er sich berufe, seien durch Grundrechte Dritter beschränkt. Bei der Abwägung dieser Rechte sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seiner Befragung eine Vorgehensweise gewählt habe, die das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen unausweichlich beeinträchtige. Denn er lasse den Angesprochenen keine Wahl, ob sie ihre Anonymität wahren wollten oder nicht. Er reiße sie durch die Ansprache vielmehr ohne echte Ausweichmöglichkeit aus dem Schutz der Anonymität heraus und setze sie damit der Gefahr einer Bloßstellung aus.

Hausverbot beschränkt sich nur auf Untersagung des Zutritts zur Durchführung der angekündigten Befragungen

Das angefochtene Hausverbot beschränke sich darauf, den vom Antragsteller ausgeübten Zwang zur Offenbarung von Umständen aus der Privatsphäre zu beseitigen. Denn mit dem Hausverbot werde dem Antragsteller nicht generell der Zutritt zu dem Amtsgericht und auch nicht allgemein das Gespräch mit Besuchern des Gerichts, sondern lediglich der Zutritt zur Durchführung der von ihm angekündigten Befragungen untersagt. Ihm bleibe es unbenommen, auf andere Weise den Kontakt zu Vollstreckungsschuldnern im Allgemeinen oder solchen im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts im Besonderen zu suchen, um mit diesen Interviews zu führen. Dem Antragsteller stehe es ferner frei, vor dem Gerichtsgebäude und damit in einem Bereich, in dem ein vorheriger Kontakt zu Gerichtsvollziehern nicht unausweichlich offenbart werde, Personen darauf anzusprechen, ob sie sich zum Thema der Zwangsvollstreckung äußern möchten. Dabei könne ohne den beschriebenen Zwang in Erfahrung gebracht werden, ob der Angesprochene zu dem Thema aus eigener Erfahrung berichten könne bzw. dies einräumen möchte. Dass der Antragsteller bei der letzten Möglichkeit im Vergleich zu der von ihm bevorzugten Methode mit weniger Antworten rechne, sei ihm zumutbar.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.09.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/VGH-Baden-Wuerttemberg_1-S-89317_Hausverbot-fuer-Journalisten-zum-Schutz-von-Gerichtsbesuchern-zulaessig.news24791.htm

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 24791 Dokument-Nr. 24791

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.