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Das Verwaltungsgericht Neustadt hat entschieden, dass sich ein Nachbar auch dann mit Erfolg gegen eine Baugenehmigung für die Umnutzung eines Wohngebäudes in ein Bordell zur Wehr setzen kann, wenn das Gebäude seit Jahrzehnten auf der Grenze zum Grundstück des Nachbarn steht.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Gewerbegebiet der Stadt Neustadt an der Weinstraße befindet sich ein Gebäude, das im Oktober 1963 als Wohngebäude genehmigt worden war. Kurz zuvor war im August 1963 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Werkshalle auf dem gleichen Grundstück erteilt worden. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde dieses Grundstück so geteilt, dass ab diesem Zeitpunkt das weiterhin zu Wohnzwecken genutzte Gebäude an der südlichen Außenwand auf der Grundstücksgrenze stand. In der Grenzwand befand sich ein Fenster. Im Jahre 2018 stellte die neue Grundstückseigentümerin bei der Stadt Neustadt einen Bauantrag zwecks Umnutzung des Wohngebäudes in ein
Diesem Bauantrag gab die Stadt am 25. Juni 2018 statt, woraufhin die Nachbarin dagegen Widerspruch einlegte und ferner um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchte. Zur Begründung führte sie aus, dass sie durch die Baugenehmigung in ihren Nachbarrechten beeinträchtigt werde. Der 3-Meter-Bereich des ehemaligen Wohnhauses an der gemeinsamen Grundstücksgrenze dürfe nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt werden. In diesem Bereich seien aber zwei Gästezimmer angeordnet, in denen der
Die Stadt erwiderte, dass die Forderung, jetzt nach 40 Jahren innerhalb des Gebäudes Abstandflächen nachweisen zu müssen, bzw. die Nutzung erst nach drei Metern aufnehmen zu können, nicht nachvollziehbar sei. An der Nutzung der Räume an der Grenze als Aufenthaltsräume ändere sich nichts; es würden keine anderen öffentliche-rechtliche Vorschriften verletzt.
Das Verwaltungsgericht Neustadt gab dem Eilantrag der Nachbarin, mit der Begründung statt, dass das streitgegenständliche Gebäude der Beigeladenen den Mindestgrenzabstand von drei Metern zum Nachbargrundstück unzweifelhaft nicht einhalte. Die Umwandlung des zu Wohnzwecken genutzten grenzständigen Gebäudes in ein
Die Nutzungsänderung habe zur Folge, dass die Abstandsregelungen des § 8 Landesbauordnung (LBauO) neu behandelt werden müssten. Eine Nutzung des Gebäudes innerhalb der Abstandsflächen komme nur nach Maßgabe des § 8 Abs. 12 LBauO in Betracht. Danach sei unter bestimmten Voraussetzungen ein Grenzabstand nicht einzuhalten bei in zulässiger Weise errichteten Gebäuden, wenn Raum für die Wohnnutzung oder die Änderung und Entwicklung ansässiger, ortsüblicher Betriebe insbesondere des Weinbaus, Handwerks oder Gastgewerbes durch Ausbau oder Änderung der Nutzung geschaffen werde. Dies sei hier indessen nicht der Fall.
Da die Stadt der neuen Grundstückseigentümerin auch nicht ausdrücklich eine Abweichung im Einzelfall nach Maßgabe des § 69 Abs. 1 LBauO erteilt habe, könne sich die Nachbarin auch auf den Verstoß gegen § 8 LBauO berufen. Diese habe - jedenfalls wenn wie hier eine Abweichung von nachbarschützenden Normen des Bauordnungsrechts in Rede stehe - einen Anspruch darauf, dass die Abweichung nur in der gesetzlich vorgesehenen Art und Weise zugelassen werde. Es dränge sich auch nicht auf, dass die neue Grundstückseigentümerin einen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung habe. Es dürfte hier an einer atypischen Sondersituation fehlen, die ein Abweichen von der gesetzlichen Regel des § 8 Abs. 1 Satz 1 LBauO rechtfertige. Weder dürfte es der besondere Grundstückszuschnitt des Grundstücks der neuen Grundstückseigentümerin noch die besondere städtebauliche Situation erfordern, dass die gewerbliche Nutzung des streitgegenständlichen Gebäudes auch den Bereich der drei Meter breiten Abstandsfläche zum angrenzenden Grundstück der Nachbarin umfassen müsse.
Zugunsten der neuen Grundstückseigentümerin könne nicht ins Feld geführt werden, dass infolge des Verschließens des Fensters in der Grenzwand die Beeinträchtigungen geringer seien als zuvor. Die Regelung des § 8 LBauO, die auch im Falle von nachträglichen Nutzungsänderungen neu zu prüfen sei, räume dem Grundstücksnachbarn ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen die rechtswidrige Zulassung eines Vorhabens unter Verletzung des § 8 LBauO ein. Dabei komme es nicht auf die Frage an, ob der Grundstücksnachbar spürbar und merklich durch den Abstandsflächenverstoß beeinträchtigt werde. Die Abstandsvorschriften nähmen den Ausgleich der nachbarlichen Interessen in abstrakt-genereller Weise vor und legten zentimeterscharf fest, was dem Nachbarn an heranrückender Bebauung zuzumuten sei, ohne auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen, insbesondere ohne nach Lage und Zuschnitt der einzelnen Grundstücke zu differenzieren. Derartige Besonderheiten könnten nur bei der Erteilung einer Abweichung nach § 69 LBauO im Einzelfall eine Rolle spielen. Die Zulassung einer Abweichung dränge sich vorliegend jedoch nicht auf.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.10.2018
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online
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