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Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 18.06.2018
9 L 9756/17.GI -

Widerruf der Waffenerlaubnis für "Reichsbürger" gerechtfertigt

Personen der "Reichs­bürger­bewegung" dürfen grundsätzlich als waffenrechtlich unzuverlässig angesehen werden

Das Verwaltungsgericht Gießen hat die sofortige Vollziehung einer Verfügung der Landrätin des Landkreises Marburg-Biedenkopf bestätigt, mit dem die Behörde waffenrechtliche Erlaubnisse wegen Unzuverlässigkeit widerrufen hatte.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte die Waffenbehörde die Unzuverlässigkeit des Antragstellers damit begründet, dass Erkenntnisse vorlägen, die den Schluss zuließen, dass der Antragsteller sich nicht als Bürger der Bundesrepublik Deutschland verstehe, sondern als "Reichsbürger".

An Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht erforderlich

Das Verwaltungsgericht Gießen, das im vorläufigen Rechtsschutz die Erfolgsaussichten einer Klage nur summarisch prüft, bestätigte die Auffassung der Waffenbehörde, dass es hinreichende Anhaltspunkte für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers gibt. In Anbetracht der Intention des Waffengesetzes, den erheblichen Gefahren vorzubeugen, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, sei keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erforderlich. Es genüge vielmehr eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung, bei der kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Der Umgang mit Waffen dürfe nur Personen erlaubt werde, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienten, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen.

Regelungen des Waffengesetzes wird von "Reichsbürgern" voraussichtlich nicht strikt befolgt

Personen, die der so genannten "Reichsbürgerbewegung" zugehörig seien oder deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, seien laut Gericht grundsätzlich als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen. Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkenne, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werde. Dabei stützte sich das Gericht auf Berichte des Verfassungsschutzes von Bund und Land, wonach "Reichsbürger" aus unterschiedlichen Motiven die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugneten und deren Rechtssystem ablehnten. Sie beriefen sich etwa auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder auf ein selbst definiertes Naturrecht. Sie bestritten die Legitimation der demokratisch gewählten Repräsentanten oder definierten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend und seien deshalb häufig bereit, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen.

Der Antragsteller habe mehrfach ein für "Reichsbürger" typisches Verhalten an den Tag gelegt, was die Annahme rechtfertige, er stehe dieser Gruppe bzw. ihrer Ideologie zumindest nahe.

Auszug aus § 5 Waffengesetz

§ 5 Zuverlässigkeit

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1. [...]

2. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

a) Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,

b) mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,

c) Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. [...]

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2018
Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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