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Das beim Gießener Verwaltungsgericht angesiedelte Berufsgericht für Heilberufe hat einen 75 jährigen Psychologen wegen Verstoßes gegen seine Berufspflichten zu einer Geldbuße in Höhe von 3.500,- € verurteilt und ihm ein Verweis erteilt.
Vor ca. zweieinhalb Jahren hatte der in eigener Praxis in Hessen als Psychotherapeut mit Kassenzulassung niedergelasse
Der Beschuldigte versuchte, sein Verhalten als therapeutisch sinnvolle Handlung darzustellen. Die Patientin brach in der Folgezeit die Behandlung ab. Sie litt unter verstärkten Angstzuständen, Schlafstörungen und Alpträumen, musste Antidepressiva und starke Schlafmittel einnehmen und erstattete schließlich eine schriftliche Anzeige bei der Psychotherapeutenammer in Wiesbaden wegen sexueller Belästigung.
Das Gericht sah in dem Verhalten des Beschuldigten einen Verstoß gegen seine Berufspflichten als psychologischer Psychotherapeut aus § 22 Heilberufsgesetz. Zu der danach gebotenen gewissenhaften Berufsausübung gehöre insbesondere die Einhaltung der Regelungen zur Berufsausübung in der einschlägigen Berufsordnung der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Hessen. Dort ist im Rahmen des Gebots "abstinenten Verhaltens" geregelt, dass sexuelle Kontakte zu Patientinnen und Patienten unzulässig sind.
"Es bedarf keiner näheren Ausführungen dazu, dass ein Kuss auf den Mund unter dem Begriff "sexuelle Kontakte zu Patientinnen und Patienten" im Sinne des § 13 Abs. 3 Berufsordnung zu subsumieren ist. Dies gilt auch für den entsprechenden Versuch, dabei ist die äußere Handlung in der Art und Form wie die Patientin oder Patient sie wahrzunehmen in der Lage ist, ausschlaggebend. Mithin kommt es auf die subjektive Vorstellung des Therapeuten im Interesse der Rechtsicherheit und Rechtsklarheit nicht an."
Das Gericht führte weiter aus, es könne dahinstehen, ob das Vorbringen des Beschuldigten, der Kussversuch habe einen therapeutischen Hintergrund, eine Schutzbehauptung darstelle. Selbst wenn man nämlich unterstellte, er habe tatsächlich mit dem Kussversuch ein verhaltenstherapeutisches Konfrontationsverfahren anwenden wollen, könnte dies den tatbestandsmäßig vorliegenden Verstoß gegen die Berufsordnung nicht rechtfertigen. Für die Durchführung konfrontativer Techniken seien von der Wissenschaft allgemein akzeptierte Standards entwickelt worden, welche der Beschuldigte vorliegend verletzt hätte. Dazu zählt insbesondere die Forderung, dass alle Schritte mit dem Patienten oder der Patientin genau besprochen und von diesen gebilligt werden müssen. Dies sei hier eindeutig nicht der Fall gewesen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.07.2010
Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online
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