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Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat der Klage der Degussa AG gegen die Stadt Frankfurt am Main wegen Umweltinformationen bezüglich des Westhafengeländes im Wesentlichen stattgegeben.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstückes in der Nähe des Neubaugebietes am sog. Frankfurter Westhafen. Investor ist die Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH, die die zur Bebauung anstehenden Grundstücke von der Beklagten im Jahre 1994 erworben hat. Das Gericht hat sie dem Verfahren beigeladen. Die Stadt Frankfurt am Main hat im Jahre 1999 den Bebauungsplan Nr. 717 für das Gebiet des Westhafens aufgestellt und im selben Jahr mit der Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH einen Erschließungsvertrag abgeschlossen. Die Klägerin behauptet, es gebe u. a. eine Zusatzvereinbarung mit den Vertragspartnern des Erschließungsvertrags und der Westhafenprojektentwicklungs- GmbH, in der sich die Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH verpflichtet habe, im Hinblick auf etwaige, auf den von der Stadt Frankfurt am Main erworbenen Grundstücken vorgefundene Umweltverunreinigungen alle potentiellen(Mit-)verursacher zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen. In diesem Zusammenhang sei ein zwischen der Degussa AG und der Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH vor dem Landgericht Frankfurt am Main geführter Rechtsstreit zu sehen. Die Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main, gestützt auf § 22 Wasserhaushaltsgesetz, wegen angeblicher Cyanidverunreinigungen im Grundwasser auf ihren Grundstücken (das Verfahren ist bereits vor dem OLG Frankfurt am Main anhängig).
Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main erstrebte Informationsbeschaffung diene dazu, ein faires Verfahren vor dem Landgericht überhaupt erst zu ermöglichen. Die Klägerin begehrt die Einsichtnahme in sämtliche beim Stadtplanungsamt vorhandenen Unterlagen im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans und der Erschließung des Westhafengeländes einschließlich der Protokolle über die Besprechungen zwischen den Vertretern der Stadt Frankfurt am Main und der Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH. Die Beklagte vertritt u. a. die Ansicht, die Ordner enthielten keine Umweltinformationen i. S. d. genannten EU-Richtlinie und beruft sich auch auf "geschützte Geheimnisse, Datenschutz". Die Besprechungsprotokolle mit Vertragspartnern seien intern und nicht geeignet, sie in der Öffentlichkeit auszubreiten.
Das Gericht hat die Stadt Frankfurt am Main nun verpflichtet, der Klägerin (Degussa AG) binnen eines Monats nach Rechtskraft des Urteils Einsicht in bestimmte Ordner betreffend das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan Nr. 717 für das Westhafengelände zu gewähren, soweit diese Umweltinformationen im Sinne der EU-Umweltinformationsrichtlinie vom 28.01.2003 enthalten.
Ferner wurde die Beklagte verpflichtet, der Klägerin binnen eines Monats nach Rechtskraft des Urteils Einsicht in den Erschließungsvertrag zwischen der Beklagten und der dem Verfahren beigeladenen Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH vom 23./26.08.1999 durch Überlassung einer Kopie zu gewähren, soweit dieser Erschließungsvertrag Umweltinformationen der vorbezeichneten Art enthält. Zur Sicherung des Informationsanspruchs der Klägerin hat die Beklagte die entsprechenden Verfahrensakten zu paginieren und die Aktenbestandteile, die nach Ansicht der Beklagten keine Umweltinformationen enthalten, durch Angabe der Seitenzahlen und einer stichwortartigen Beschreibung des Inhalts im einzelnen aufzulisten. Eine Abschrift der Liste ist der Klägerin zu überlassen.
Die von der Klägerin weiterhin begehrte Einsicht in die beim Stadtplanungsamt der Beklagten vorhandenen Unterlagen zum Aufstellungsverfahren des Bebauungsplans Nr. 717 für das Westhafengelände war in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten zugestanden worden, ohne dass es insoweit noch einer Sachentscheidung des Gerichts bedurfte.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die so genannte „EUUmweltinformationsrichtlinie“ (Richtlinie 203/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen) jedermann einen Anspruch auf Erhalt von Umweltinformationen gebe, der plausibel darlege, dass in bestimmten Akten Umweltinformationen enthalten seien. Obwohl Richtlinien der Europäischen Union sich grundsätzlich nur an die Mitgliedsstaaten der EU richteten, die innerhalb einer bestimmten Frist diese Richtlinien in nationales Recht umzusetzen hätten, sei die EU-Umweltinformationsrichtlinie vorliegend mangels landesgesetzlicher Umsetzung unmittelbar anwendbar. Die Klägerin habe auch plausibel dargelegt, dass in den von ihr bezeichneten Akten Umweltinformationen enthalten sein dürften; dies liege darüber hinaus beim Westhafengelände auf der Hand.
Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sei das Begehren der Klägerin auch nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich, so dass der Antrag auf Zugang zu den Umweltinformationen im Hinblick auf Art. 4 der Richtlinie von ihr abgelehnt werden könnte. Es stelle vielmehr ein legitimes Interesse dar, sich Informationen für einen laufenden Zivilprozess beschaffen zu wollen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 15+16/06 des VG Frankfurt/Main vom 11.05.2006
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Dokument-Nr. 2405
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