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Ein Pflegeheimbetreiber, der Demenzkranke mit bekannter Weglauftendenz nicht genügend beaufsichtigt, verletzt seine Betreuungspflichten. Dies geht aus einer Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts hervor.
Im zugrunde liegenden Fall verließ im Herbst 2008 eine demenzkranke (73 Jahre) alte Dame unbemerkt das
Im Juni 2010 hat das Landgericht Mühlhausen die Betreiberin der Pflegeeinrichtung zu einem Schmerzensgeld von 10.000 Euro und (zusätzlich) einer monatlichen Schmerzensgeldrente von 150 Euro an die alte Dame verurteilt. Hiergegen hat die Pflegeheimbetreiberin Berufung eingelegt; und zwar mit der Begründung, sie unterhalte eine offene (keine geschlossene) Einrichtung und habe eine lückenlose (hundertprozentige) Überwachung der alten Dame weder leisten können, noch müssen.
Dieser Argumentation ist das Thüringer Oberlandesgericht nicht gefolgt und hat die Berufung im Wesentlichen zurückgewiesen. Lediglich die Schmerzensgeldrente ist (aus Rechtsgründen) „kassiert“ worden, weil sie neben der einmaligen Kapitalzahlung nicht in Betracht kam.
Bei der Verurteilung zur Zahlung eines (einmaligen) Schmerzensgeldes ist es aber geblieben; der Senat hat den Betrag sogar auf 20.000 Euro verdoppelt.
Zur Begründung heißt es im Urteil, die Pflegeheimbetreiberin habe ihre Betreuungspflichten aus dem Heimvertrag fahrlässig verletzt. Sie habe gewusst, dass die alte Dame demenzkrank sei und an ihrem Wohnort häufig allein zu ihrem Elternhaus gelaufen sei. In der für sie fremden Umgebung habe die konkrete Gefahr bestanden, dass die demenzkranke alte Dame sich verlaufen und dann verwirrt und orientierungslos umherirren werde. Nachdem sie das Heim bereits zweimal (am ersten und am zweiten Tag ihres Aufenthalts) unbemerkt verlassen habe, sei mit einem erneuten – und anders als bei den beiden ersten Malen auch erfolgreichen – Weglaufversuch zu rechnen gewesen. Um das zu verhindern und sicherzustellen, dass die alte Dame sich nicht selbst in Gefahr bringe, hätte sie lückenlos beaufsichtigt werden müssen. Wenn hierfür kein hinreichendes Personal verfügbar gewesen sei, hätte die Tochter aufgefordert werden müssen, ihre Mutter wieder abzuholen (und anderswo unterzubringen).
Der Senat hat seine Entscheidung auf die §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB gestützt; die Vorschriften lauten wie folgt:
„Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“
„Ist wegen der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.05.2011
Quelle: Thüringer Oberlandesgericht/ra-online
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