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Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass ein beidseitiges Beinlymphödem, das zu einer Einschränkung der Höchstgehleistung von nur noch 100 Metern führt, die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft und die Zuerkennung des Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) rechtfertigen kann.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls begehrte die Anerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs (Merkzeichen) "G". Sie leide unter einem beidseitigen Bein- und Armlymphödem sowie unter einer seelischen Störung mit chronischem Schmerzsyndrom und unter Fibromyalgie. Insgesamt habe der Beklagte bisher einen GdB von 40 anerkannt. Dies sei jedoch zu niedrig. Sie befinde sich in regelmäßiger schmerztherapeutischer und psychiatrischer Behandlung. Wegen des Lymphödems müsse sie zwei Mal pro Woche physiotherapeutische Maßnahmen in Anspruch nehmen. Außerdem sei die Mobilität eingeschränkt. Sie brauche für 100 Meter ca. 30 Minuten.
Das Gericht hat von Amts wegen ein algesiologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Demnach sei die Klägerin durch die Adipositas und die Lymphödeme in den Beinen erheblich im Gehvermögen beeinträchtigt. Die Gehstrecke betrage ohne Hilfe nur wenige Meter, mit Unterarmgehstützen ca. 100 Meter.
Die Klage hatte vor dem Sozialgericht Karlsruhe letztlich Erfolg. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Feststellung und Bewertung des GdB ist § 152 Abs. 1 SGB IX, wonach die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB feststellen. Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Bewertungsmaßstäben der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV). Nach Teil B Ziff. 9.2.3 VersMedV beträgt der GdB bei Lymphödemen bei erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße je nach Ausmaß 50-70. Von einer erheblichen Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit in diesem Sinne ist nach Ansicht der erkennenden Kammer auszugehen, wenn die Lymphödeme an den Beinen - wie in dem vorliegenden Fall - zu einer Einschränkung der Höchstgehleistung von nur noch 100 Metern führen. Der GdB war daher mit 50 zu bewerten.
Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens "G" lagen vor. Gemäß § 228 Abs. 1 S. 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurück zu legen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 229 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Teil D Nr. 1 VersMedV gibt an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, um annehmen zu können, dass ein behinderter Mensch infolge einer Einschränkung des Gehvermögens in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Demnach sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens unter anderem dann als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Da die Gehfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen aufgrund der Lymphödeme eingeschränkt wurde, die - wie oben dargelegt - mit einem GdB von 50 zu bewerten waren, konnte die Klägerin dem bevorteilten Personenkreis zugeordnet werden.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.12.2019
Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online (pm/kg)
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