wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.02.2018
2 Rv 157/17 -

Hausfriedensbruch durch Eindringen von Tierschützern in einen Schweine­zucht­betrieb zur Dokumentation von Gesetzesverstößen nicht strafbar

Vorliegen eines rechtfertigenden Notstands

Dringen Tierschützer in einen Schweine­zucht­betrieb ein, um Verstöße gegen den Tierschutz zu dokumentieren, ist der damit verbundene Hausfriedensbruch gemäß § 34 StGB gerechtfertigt. Dies gilt aber nur, wenn die Gesetzesverstöße bekannt sind und die Behörden trotz dessen nichts unternehmen. Dies hat das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wurden zwei Tierschützer wegen Hausfriedensbruch angeklagt, weil sie im Jahr 2013 in einen Schweinezuchtbetrieb eindrangen, um Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung zu dokumentieren. Kenntnis von den Verstößen erhielten sie von einer anonymen Quelle. Zu der Maßnahme entschieden sich die Tierschützer, weil die zuständigen Behörden sich trotz erfolgter Anzeigen weigerten, etwas zu unternehmen. Die während des nächtlichen Besuchs angefertigten Bildaufnahmen wurden dem Landwirtschafts- und Umweltministerium sowie dem Landesverwaltungsamt von Sachsen-Anhalt vorgelegt. Zudem erstatteten die beiden Tierschützer Strafanzeige.

Amtsgericht und Landgericht sprechen Tierschützer frei

Sowohl das Amtsgericht Haldensleben als auch das Landgericht Magdeburg sprachen die beiden Tierschützer vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs frei. Nach Auffassung des Landgerichts sei die Tat durch Nothilfe (§ 32 StGB) und Notstand (§ 34 StGB) gerechtfertigt gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Sie führte an, dass ein rechtfertigender Notstand nicht greife, weil Schweine gefährdet gewesen seien, deren Halter den Hausfriedenbruch der Tierschützer offensichtlich nicht gewollt habe.

Oberlandesgericht verneint ebenfalls Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Staatsanwaltschaft zurück. Die beiden Tierschützer haben sich nicht wegen Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB strafbar gemacht. Da nach der zutreffenden Begründung des Landgerichts ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB vorgelegen habe.

Wille des Tierhalters zum Hausfriedensbruch unerheblich

Das Oberlandesgericht folgte nicht der Auffassung der Staatsanwaltschaft, wonach ein Vorgehen gegen die Misshandlung von Tieren nur dann wegen Notstands gerechtfertigt sei, wenn der Eigentümer der Tiere dies billige. Denn dies würde zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führen. So dürfte etwa niemand die Scheibe eines in praller Hitze stehenden Autos einschlagen, in dem ein Hund zu ersticken droht, wenn der Tierhalter zugegen ist und das Aufschließen der Tür mit dem Hinweis verweigert, eine "kleine Abhärtung" werde dem Tier nicht schaden.

Keine Rechtfertigung wegen Nothilfe

Eine Rechtfertigung wegen Nothilfe gemäß § 32 StGB komme nach Ansicht des Oberlandesgerichts jedoch nicht in Betracht. Denn die Tierschützer seien nicht in die Schweinezuchtanlage eingedrungen, um durch die Dokumentation der Tierschutzverstöße Gefahren von dem zum Zeitpunkt des Eindringens dort untergebrachten Tieren abwenden zu wollen. Denn die Tierschützer haben davon ausgehen müssen, dass die Tiere bis zum Abstellen der Verstöße geschlachtet werden würden.

Rechtfertigender Notstand nur bei Kenntnis der Verstöße und Weigerung der Behörden zum Einschreiten

Das Oberlandesgericht stellte schließlich nochmal klar, dass eine Rechtfertigung wegen Notstands nur in Betracht komme, wenn den Eingreifenden die Tatsachen bekannt seien, welche diesen rechtfertigen. Dazu reiche die bloße Vermutung, es werde generell oder gerade in diesem Betrieb gegen Vorschiften verstoßen, nicht aus. Es sei unzulässig, in fremde Rechte einzugreifen, um zu überprüfen, ob Verstöße vorliegen. Ebenso wenig könne das staatliche Gewaltmonopol umgangen werden, wenn nicht feststehe, dass die Behörden sich im konkreten Fall weigern, ihre Aufgaben zu erfüllen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 12.03.2019
Quelle: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AuR 2018, 352Zeitschrift: Arbeit und Recht (AuR), Jahrgang: 2018, Seite: 352
  • NJ 2018, 382Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2018, Seite: 382
  • NJW 2018, 2064Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 2064
  • NStZ 2018, 472Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2018, Seite: 472

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Oberlandesgericht-Sachsen-Anhalt_2-Rv-15717_Hausfriedensbruch-durch-Eindringen-von-Tierschuetzern-in-einen-Schweinezuchtbetrieb-zur-Dokumentation-von-Gesetzesverstoessen-nicht~N27160

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 27160 Dokument-Nr. 27160

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.