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Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich in einem Strafverfahren wegen so genannten Schwarzfahrens zu den Möglichkeiten und Grenzen der Verhängung von Freiheitsstrafe für Bagatelldelikte geäußert.
Im konkreten Fall fuhr die Angeklagte dreimal mit der Stuttgarter Straßenbahn ohne Fahrschein. Amts- und Landgericht hatten für jede dieser Schwarzfahrten mit einem Schaden von 1,65 € Einzelstrafen von 2 Monaten verhängt. Die Revision der Angeklagten hatte einen Teilerfolg. Das Oberlandesgericht beanstandete die Festsetzung von Freiheitsstrafe gegen die vielfach und teilweise einschlägig vorbestrafte Angeklagte nicht. Es sah jedoch in der Höhe der Strafen keinen gerechten Schuldausgleich mehr und damit auch eine Verletzung des Übermaßverbotes.
Der Senat hat klargestellt: Auch Straftaten mit besonders niedrigen Schäden können den Ausspruch einer Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Im Rahmen der Strafzumessung müssen die Gerichte jedoch stets das verfassungsrechtliche Übermaßverbot beachten. Dieses schließt unverhältnismäßig hohe Strafen aus.
Den Auffassungen, die bei Bagatellstraftaten, etwa Diebstählen mit Schäden im Bereich weniger Euro, stets nur eine Geldstrafe für zulässig halten, ist der Senat nicht gefolgt. Denn ein solches schematisches Vorgehen sehen die Regelungen im Strafgesetzbuch nicht vor. Auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot schuldangemessenen Strafens ergibt sich nicht, dass Freiheitsstrafe erst ab einer bestimmten Schadenshöhe in Betracht kommt. Die Strafzumessung muss sich vielmehr am Einzelfall orientieren. Eine Gleichbehandlung von Ersttätern und vielfach vorbestraften oder bewährungsbrüchigen Tätern verbietet sich.
Der Senat hat daher für die drei Taten jeweils die gesetzliche Mindeststrafe von je einem Monat Freiheitsstrafe verhängt und das Verfahren zur Gesamtstrafenbildung (die der Senat hier nicht selbst vornehmen durfte) an das zuständige Amtsgericht zurück verwiesen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.03.2006
Quelle: ra-online, OLG Stuttgart
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Dokument-Nr. 2096
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