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Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 30.04.2010
6 U 30/10 -

Räum- und Streupflicht: Gemeinde haftet für Sturz auf ungestreuten Radwegen

An zentralen Verkehrsknotenpunkten muss auch vor den in der Gemeindesatzung festgelegten Uhrzeiten gestreut werden

Gemeinden haben im Winter auch dann eine Streupflicht vor einer in der Satzung festgelegten Uhrzeit, wenn es sich bei den zu streuenden Straßen um gefährliche Fahrbahnstellen wie z.B. zentrale Verkehrsknotenpunkte handelt. Dies entschied das Oberlandesgericht Oldenburg.

Im zugrunde liegenden Fall war die Klägerin im Dezember 2008 um 7.20 Uhr mit ihrem Fahrrad auf einem ungestreuten Radweg im Zentrum einer kleineren Gemeinde nördlich von Oldenburg an einem zentralen Verkehrsknotenpunkt gestürzt, als sie ihren Sohn zur Schule begleitete und brach sich bei dem Sturz den Ellbogen. Das Glatteis hatte sich in der zweiten Nachthälfte gebildet, als die Temperaturen plötzlich auf -1 Grad Celsius gesunken waren.

Gemeinde beruft sich auf festgelegte Streuzeiten in Gemeindesatzung

Die Klägerin verklagte die Gemeinde auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Die beklagte Gemeinde hatte sich auf ihre Satzung berufen und die Auffassung vertreten, sie sei erst ab 7.30 Uhr zum Streuen verpflichtet gewesen. Außerdem bestehe eine Streupflicht für Radwege nur an "gefährlichen" Stellen.

Gemeindesatzung entbindet Gemeinde nicht von allgemeiner Verkehrssicherungspflicht

Das Oberlandesgericht entschied, dass auf Radwegen zwar keine generelle Streupflicht für eine Gemeinde bestehe. Etwas anderes gelte aber für wichtige und gefährliche Fahrbahnstellen. Dazu zähle der zentrale Verkehrsknotenpunkt der betroffenen Gemeinde, an dem die Klägerin mit dem Fahrrad gestürzt war. Die Streupflicht bestehe auch bereits vor 7.30 Uhr. Die Gemeindesatzung entbinde die Gemeinde nicht von ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Da Schulbeginn in der betreffenden Gemeinde schon um 7.30 Uhr sei und ortsansässige Discounter schon um 7.00 Uhr geöffnet hätten, müsse der Bürger nicht damit rechnen, dass zentrale Verkehrswege erst um 7.30 Uhr gestreut seien.

Klägerin hatte Pflicht zur gesteigerten Aufmerksamkeit und trägt 50 prozentige Mitschuld

Das Gericht stellte aber auch fest, dass die Klägerin ihrerseits die Pflicht zur gesteigerten Aufmerksamkeit hatte. Da die Straßenglätte für die Klägerin erkennbar gewesen sei, treffe sie ein 50 prozentiges Mitverschulden. Dies führte zu einer hälftigen Reduzierung ihrer Ansprüche.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2010
Quelle: ra-online, OLG Oldenburg

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