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Ist eine vorfahrtsberechtigte Straße aufgrund einer Baustelle nur für Anlieger freigegeben, so ändert dies nichts an der Vorfahrtsregelung. Der aus der Anliegerstraße kommende Fahrzeugverkehr genießt weiterhin die Vorfahrt. Zudem ist eine Beschilderung, wonach die Einfahrt in eine Sackgasse erlaubt ist, aber die Ausfahrt aus der Sackgasse verboten ist, nichtig. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall kam es im Juni 2013 an einer
Das Landgericht Konstanz wies die Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage ab. Der Unfall sei allein durch einen Verstoß der Klägerin gegen § 10 StVO verursacht worden. Sie sei von einem "anderen Straßenteil" im Sinne der Vorschrift gekommen und sei daher verpflichtet gewesen, dem Beklagten Vorrang zu gewähren. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Der Klägerin stehe sowohl der Schadensersatz- als auch der Schmerzensgeldanspruch zu. Der Beklagte habe den Unfall durch einen erheblichen schuldhaften Verkehrsverstoß verursacht, weil er das für ihn geltende Stopp-Schild missachtet habe.
Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, so das Oberlandesgericht, dem Beklagten den Vorrang zu gewähren. Der Umstand, dass die von der Klägerin befahrene Straße zum Unfallzeitpunkt nur für Anlieger freigegeben war, führe nicht zu einer Anwendung von § 10 StVO. Ein "anderer Straßenteil" sei dadurch gekennzeichnet, dass er nicht dem fließenden Durchgangsverkehr diene. So liege der Fall hier aber nicht. Die von der Klägerin befahrene Straße habe weiterhin dem Durchgangsverkehr für die Anlieger gedient. Die Beschränkung des Verkehrs auf Anlieger ändere nichts am Charakter einer dem Durchgangsverkehr dienenden Straße.
Darüber hinaus habe die von der Klägerin befahrene Vorfahrtstraße nach Ansicht des Oberlandesgerichts keine Merkmale eines "anderen Straßenteils" aufgewiesen. Fahrbahnbelag und -beschaffenheit haben einer normalen Straße entsprochen und seien nicht etwa durch einen abgesenkten Bordstein oder bestimmten Markierungen von der durch den Beklagten befahrenen Straße abgetrennt gewesen. Aus der Beschilderung "Anlieger bis
Die Klägerin habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts durch die Missachtung der Schilder mit dem Zeichen 250 (Verbot für alle Fahrzeuge) keinen Verkehrsverstoß begangen. Denn die in Fahrtrichtung der Klägerin aufgestellten Schilder, die keinen "Anlieger frei"-Zusatz enthielten, seien nichtig gewesen. Denn die Konsequenz der Beschilderung sei unsinnig gewesen. Während die Einfahrt in die baustellenbedingte Sackgasse erlaubt war, war die Ausfahrt nicht gestattet. Sämtliche Anlieger wären somit in der Sackgasse gefangen gewesen. Dies habe die Verwaltungsbehörde erkennbar nicht gewollt.
Aufgrund dessen, dass die Klägerin durch den Unfall für einen Zeitraum von sechs Wochen erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden hatte und zu dieser Zeit krankgeschrieben war, sprach das Oberlandesgericht ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR zu.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.06.2017
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)
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