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Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2013
14 Wx 57/11 -

Erfolglose öffentliche Aufforderung zur Erbenmeldung schließt nicht gesetzliche Erbfolge aus

Nachlassgericht zur Überprüfung von Erbenstellung in Zweifel ziehende Urkunden von Amtswegen verpflichtet

Meldet sich nach einer öffentlichen Aufforderung zur Erbenmeldung die betroffene Person nicht, so schließt dies nicht die gesetzliche Erbfolge aus. Zudem ist das Nachlassgericht verpflichtet von Amts wegen Urkunden zu überprüfen, die erhebliche Zweifel an eine Erbenstellung begründen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2009 verstarb ein kinderloser und unverheirateter Mann. Seine Mutter war bereits verstorben und der Aufenthalt des Vaters war unbekannt. Das Nachlassgericht forderte daher den Vater öffentlich dazu auf, sich beim Nachlassgericht zu melden. Jedoch war dem Gericht nur der Name, nicht hingegen weitere Personendaten bekannt. Da sich der Vater nicht meldete, wurde die Halbschwester des Erblassers (Tochter seiner Mutter) Alleinerbin und erhielt einen Erbschein. Sein Halbruder (Sohn seines nicht auffindbaren Vaters) wurde demgegenüber nicht berücksichtigt. Dieser war damit nicht einverstanden. Denn zum einen sei die öffentliche Aufforderung fehlerhaft gewesen. Dem Nachlassgericht habe nämlich eine Geburtsurkunde seines Vaters in französischer Sprache vorgelegen, die detaillierte Angaben zu seiner Person enthielt. Zum anderen habe die Nichtmeldung seines Vaters nicht zu seiner Unberücksichtigung führen dürfen. Er legte daher Beschwerde ein.

Erbschein war einzuziehen

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zu Gunsten des Halbbruders des Erblassers. Der Erbschein sei hier nach § 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen gewesen, da er der Halbschwester des Erblassers nicht hätte erteilt werden dürfen. Denn diese sei nicht Alleinerbin gewesen.

Halbbruder durfte nicht unberücksichtigt bleiben

Der Halbbruder des Erblassers habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts bei der Erteilung des Erbscheins nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, da sich sein Vater auf die öffentliche Aufforderung hin nicht meldete. Denn die Voraussetzungen der Nichtberücksichtigung lagen nicht vor. Die öffentliche Aufforderung sei nämlich fehlerhaft durchgeführt worden. Werde der Aufgeforderte namentlich benannt, so müssen die zu seiner Person bekannten Informationen zutreffend wiedergegeben werden. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Dem Nachlassgericht habe durch die französische Geburtsurkunde weitere Angaben zum Vater des Erblassers vorgelegen. Diese seien aber nicht verwendet worden.

Amtspflicht zur Überprüfung der Geburtsurkunde bestand

Das Nachlassgericht sei von Amtswegen verpflichtet gewesen die Geburtsurkunde zu überprüfen, so das Oberlandesgericht weiter. Denn aus dieser haben sich erhebliche Zweifel an der Alleinerbenstellung der Halbschwester des Erblassers ergeben. Dass die Urkunde in französischer Sprache verfasst war, habe in diesem Zusammenhang keine Rolle gespielt.

Zulässige Nichtberücksichtigung begründet kein Erbenausschluss

Darüber hinaus sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts zu beachten gewesen, dass eine zulässige Nichtberücksichtigung nicht zu einem Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führt. Die nicht Meldung des Vaters des Erblassers habe vielmehr dazu geführt, dass der Halbbruder des Erblassers an seiner Stelle trat. Dieser sei gemäß § 1925 Abs. 3 BGB Miterbe gewesen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.01.2014
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Nachlassgericht Lahr , Beschluss vom 21.07.2011
    [Aktenzeichen: 1 NG 141/2009]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2014, 38Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 38

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