kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.
Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.
Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat sich erstmals mit Pharma-Rabattverträgen nach § 130 a Abs. 8 SGB V. befasst. Nach dieser Vorschrift können die Krankenkassen mit Pharma-Unternehmen Verträge abschließen, durch die den Krankenkassen Rabatte gesichert werden. Die Apotheker sind im Allgemeinen gehalten, bei der Verschreibung von Wirkstoffen Medikamente derjenigen Unternehmen abzugeben, mit denen die Krankenkasse einen derartigen Rabattvertrag abgeschlossen hat.
Den Entscheidungen lagen Ausschreibungen der Allgemeinen Ortskrankenkassen unter dem Titel „Arzneimittel-Rabattverträge 2008/2009“ zugrunde. Vertragspartner sollten sämtliche Allgemeinen Ortskrankenkassen werden, wobei die AOK Baden-Württemberg als „federführend handelnder Vertragspartner“ bezeichnet wurde. Die Ausschreibung erstreckte sich auf insgesamt 83 Wirkstoffe. Je Wirkstoff sollte ein Rabattvertrag mit drei Unternehmen, bei bestimmten verordnungsstarken Wirkstoffen mit vier Unternehmen geschlossen werden. Kriterien für die Auswahl der Angebote je Wirkstoff waren eine näher bezeichnete Produktbreite und Wirtschaftlichkeit. An der Ausschreibung beteiligte sich eine Vielzahl von Unternehmen, die Angebote auf einen oder mehrere Wirkstoffe abgaben. Verschiedene Angebote wurden wegen unzureichender Produktbreite oder unzureichender Wirtschaftlichkeit abgelehnt.
Daraufhin riefen mehrere nicht berücksichtigte Unternehmen die ihrer Ansicht nach zuständigen Vergabekammern an, und zwar die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf, die Vergabekammer Karlsruhe sowie die Vergabekammer des Bundes. Sie haben geltend gemacht, es seien zu ihren Lasten erhebliche Vergabefehler aufgetreten. Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Beschluss vom 31. Oktober 2007) sowie die Vergabekammer des Bundes (Beschlüsse vom 15. November 2007) haben den Allgemeinen Ortskrankenkassen den Zuschlag auf Grund des bisherigen Vergabeverfahrens untersagt.
Dagegen haben die Allgemeinen Ortskrankenkassen sofortige Beschwerde zum Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf eingelegt sowie Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben. Des Weiteren haben in einigen Verfahren Unternehmen sofortige Beschwerde eingelegt, weil ihrer Auffassung nach die Entscheidungen der Vergabekammern nicht weit genug gegangen seien.
In seinen Entscheidungen, in deren Mittelpunkt das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Krankenkassenrecht und dem Vergaberecht steht, hat sich der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf für zuständig erklärt. An einer abschließenden Entscheidung hat sich der Senat gehindert gesehen, weil zunächst die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Frage, ob öffentliche Krankenkassen „öffentliche Auftraggeber“ im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG seien, abgewartet werden soll. Zur Begründung seiner Zuständigkeit führt der Senat aus, dass nach § 116 GWB gegen Entscheidungen des Vergabekammern allein die Beschwerde zum Vergabesenat beim Oberlandesgericht zulässig sei, und zwar unabhängig davon, ob die Vergabekammer zu Recht oder zu Unrecht von einem vergabepflichtigen Auftrag ausgegangen seien. Die Sozialgerichte könnten insoweit nicht angerufen werden. Der Vergabesenat führt dann weiter aus, dass das allgemeine Vergaberecht auch für Auftragserteilungen der Krankenkassen gelte. Nach einer vorläufigen Bewertung handele es sich bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen nämlich um öffentliche Auftraggeber, weil sie zum einen – mittelbar über die Krankenversicherungsbeiträge – über den Bund finanziert und zum anderen von den Ländern beaufsichtigt würden. Bei den Rabattverträgen handele es sich auch um Lieferaufträge, weil nach dem vorgesehenen Vertrag die Pharmaunternehmen nämlich ihre Lieferfähigkeit zu gewährleisten hatten und der Preis für die Lieferungen, wenn auch nur mittelbar, festgelegt worden sei.
Der Senat hat ausdrücklich offen gelassen, ob und inwieweit Vergabefehler vorliegen, weil auch insoweit zunächst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zu wesentlichen Vorfragen abgewartet werden soll.
Beschlüsse
vom 18. (VII-Verg 44 – 47/07) und
vom 19. Dezember 2007 (VII-Verg 48 –51/07)
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.12.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 19.12.2007
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/OLG-Duesseldorf_VII-Verg-4407VII-Verg-4507VII-Verg-4607VII-Verg-4707_Allgemeines-Vergaberecht-gilt-auch-fuer-Pharma-Rabattvertraege~N5345
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Dokument-Nr. 5345
kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.
Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.