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Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 17.12.2014
4 Sa 404/14 -

Ort der Arbeitsleistung kann durch Weisungsrecht des Arbeitgebers bestimmt werden

Pflicht zur Arbeit am Betriebssitz nur bei berechtigtem Interesse des Arbeitgebers

Enthält ein Arbeitsvertrag keine Bestimmungen zum Ort der Arbeitsleistung, kann dieser durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) bestimmt werden. Ein Arbeitnehmer kann jedoch nur dann zur Arbeit am Betriebssitz verpflichtet werden, wenn für den Arbeitgeber ein entsprechendes berechtigtes Interesse besteht und dieses Interesse, das Interesse des Arbeitnehmers an der Heimarbeit überwiegt. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gericht Mainz hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Software-Ingenieur arbeitete auf Grundlage einer Vereinbarung mit seinem Vorgesetztem seit August 2009 überwiegend von zu Hause. Wenn Fahrten zu dem etwa 300 km entfernten Betriebssitz seiner Arbeitgeberin anstanden, wurden diese Fahrten als Dienstfahrten anerkannt und entsprechend vergütet. Nachdem der Software-Ingenieur im März 2013 aufgrund einer Betriebsumstrukturierung einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte, verlangte seine Arbeitgeberin, dass er zukünftig am Betriebssitz arbeite. Darüber hinaus lehnte sie eine Anerkennung seiner Fahrten von seinem Wohnort zur Betriebsstätte als Dienstreise ab. Der Software-Ingenieur ließ dies nicht gelten und erhob Klage. Das Arbeitsgericht Koblenz wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Software-Ingenieurs.

Versetzung des Software-Ingenieurs unwirksam

Das Landesarbeitsgericht Mainz entschied zu Gunsten des Software-Ingenieurs und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Die von der Arbeitgeberin ausgesprochene Weisung, zukünftig die Arbeit am Betriebssitz auszuführen, sei unwirksam gewesen. Zwar könne eine Arbeitgeberin grundsätzlich den Arbeitsort ihrer Beschäftigten gemäß § 106 GewO bestimmen, wenn der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen zum Arbeitsort enthalte. Sie müsse ihr Weisungsrecht aber nach billigem Ermessen ausüben. Dies verlange eine Abwägung zwischen dem Interesse der Arbeitgeberin und dem Interesse des Beschäftigten.

Interesse an Heimarbeit überwiegt Interesse an der Arbeit am Betriebssitz

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts habe die Arbeitgeberin nicht darlegen können, aus welchen Gründen eine Arbeit am Betriebssitz ausschließlich erforderlich sei. Ein berechtigtes Interesse daran sei somit nicht feststellbar gewesen. Demgegenüber habe dem Software-Ingenieur ein erhebliches Interesse an der Heimarbeit zugestanden. Denn eine Arbeit am Betriebssitz hätte zur Folge gehabt, dass er entweder hätte umziehen bzw. eine Zweitwohnung hätte anmieten müssen oder dass er täglich die Wegstrecke von seinem Wohnort zum Betriebssitz und zurück mit seinem Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte zurücklegen müssen.

Fahrten vom Wohnort zum Betriebssitz als Dienstfahrten

Die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt gewesen, so das Landesarbeitsgericht weiter, die Fahrten vom Wohnort zum Betriebssitz nicht als Dienstreisen anzuerkennen. Es sei zu beachten gewesen, dass sie seit August 2009 die Fahrtzeiten des Software-Ingenieurs von zu Hause zur Betriebsstätte als Arbeitszeit anerkannt und die Fahrtkosten erstattet habe. Aufgrund dieser langjährigen Handhabung habe der Software-Ingenieur auf die Beibehaltung dieser Übung vertrauen dürfen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.10.2015
Quelle: Landesarbeitsgericht Mainz, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 14.05.2014
    [Aktenzeichen: 11 Ca 4288/13]
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