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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013
L 19 AS 129/13 -

Arbeitsuchende Migranten haben Anspruch auf "Hartz IV"-Leistungen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen billigt rumänischer Familie Grundsicherungs­leistungen zu

Rumänischen Staatsangehörigen, die sich nach längerer objektiv aussichtsloser Arbeitsuche weiter im Bundesgebiet gewöhnlich aufhalten, ist ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (sog. "Hartz IV"-Leistungen) zuzuerkennen. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländerinnen und Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, keine Grundsicherungs­leistungen erhalten, steht dem nicht entgegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­sozialgerichts Nordrhein-Westfalen hervor.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger - eine Familie mit zwei Kindern - leben seit 2009 gemeinsam in Gelsenkirchen. Im streitigen Zeitraum lebten sie von Kindergeld und vom Verkauf von Obdachlosen-Zeitschriften.

SG Gelsenkirchen: Kläger haben nur Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende

Einen am 11.10.2010 gestellten Antrag auf SGB II-Leistungen lehnte das beklagte Jobcenter ab, weil der Familienvater sich allein zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten dürfe. Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Gelsenkirchen abgewiesen, weil die Kläger nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU allenfalls ein Aufenthaltsrecht als Arbeitsuchende hätten, so dass der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für sie einschlägig sei.

LSG Nordrhein-Westfalen: Jobcenter muss Leistungen gewähren

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des Sozialgerichts auf die Berufung der Kläger aufgehoben und das beklagte Jobcenter verurteilt, den Klägern Leistungen zu gewähren.

Auch EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund nicht vom Leistungsausschluss erfasst

Erwerbsfähige EU-Bürger, die ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen als zur Arbeitsuche haben, seien nicht vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst. Dies gilt nach Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen auch für EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts.

Kläger gehören nicht zum ausgeschlossenen Personenkreis

Da die Bemühungen der Kläger, eine Arbeitsstelle zu erhalten, zum Zeitpunkt der Antragstellung seit über einem Jahr erfolglos und auch für die Zukunft nicht erfolgversprechend gewesen seien, seien die Kläger nicht mehr zur Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt. Sie gehörten damit nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis.

Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit EU-Recht nicht relevant

Auf die umstrittene und in den bisher hierzu vorliegenden Entscheidungen thematisierte Frage, ob der Leistungsausschluss insgesamt mit EU-Recht unvereinbar sei, komme es deshalb im konkret vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zu entscheidenden Fall nicht an. Es handelt sich um eine wesentliche Grundsatzfrage, die bundesweit etwa 130.000 Personen betrifft.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.10.2013
Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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