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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass ausländische Personen, die sich über Jahre hinweg nur unzureichend bemühen, sich Heimreisedokumente zu beschaffen, nur eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1964 geborene Kläger ist kamerunischer Staatsangehöriger. Er reiste Anfang der 1990er-Jahre zu Ausbildungszwecken in die Bundesrepublik Deutschland ein. Unter anderem war eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsuche bis Anfang September 2006 erteilt worden. Die Verlängerung wurde abgelehnt. Eine vom Kläger bei der kamerunischen Botschaft Ende dieses Jahres beantragte Passverlängerung kam nicht zustande, weil er die Gebühr nicht entrichtete. Später weigerte er sich, die Antragsformulare zur Ausstellung eines Passersatzpapieres auszufüllen. Ein 2008 behördlich eingeleitetes Verfahren führte zwei Jahre später zur Ausstellung eines drei Monate gültigen Heimreisedokumentes durch die kamerunische Botschaft. Die für Mitte 2010 vorgesehen Abschiebung scheiterte, nachdem er auf dem Flughafen um Asyl nachsuchte. Ein weiterer Abschiebevorgang wurde abgebrochen, nachdem er sich weigerte, die Diensträume der Bundespolizeidirektion am Flughafen zu verlassen, da er die Rechtmäßigkeit der Rückführung und die Gültigkeit der Passersatzpapiere anzweifelte. Eine weitere Abschiebung verlief erfolglos, weil er in der ihm zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft trotz Ankündigung nicht angetroffen wurde. Der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellte Asylantrag wurde durch Bescheid von Februar 2011 abgelehnt. Das hiergegen angestrengte Klageverfahren endete durch Klagerücknahme. Nach dem Abschluss des Asylverfahrens war er seit August 2011 im Besitz von jeweils befristeten Duldungen, zeitweise mit der Gestattung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit. Der Aufforderung der Ausländerbehörde, bis Juli 2013 ein gültiges Reisedokument vorzulegen, leistete er keine Folge. Mehrfachen behördlichen Anfragen wegen eines Passersatzpapieres war die kamerunische Botschaft unter Verweis auf die vom Kläger geführten Gerichtsverfahren und erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht nachgekommen. Im Juni 2014 begab sich der Kläger selbst zur Botschaft von Kamerun in Berlin, um einen neuen Reisepass zu beantragen, ohne diesen allerdings den Behörden vorzulegen. Nachdem er bereits Fürsorgeleistungen bezogen hatte, gewährte ihm das beklagte Land Baden-Württemberg auf seinen Antrag von September 2015 Leistungen nach dem AsylbLG, zunächst Grundleistungen und nach vorheriger Anhörung von November 2015 bis April 2016 eingeschränkte Leistungen. Er habe es selbst zu vertreten, dass Maßnahmen, die seinen Aufenthalt beendeten, nicht hätten vollzogen werden können. Ab Februar 2016 würden ihm zur Deckung des Bedarfs an Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege Gutscheine ausgehändigt, derjenige für Unterkunft und Heizung werde weiterhin durch Sachleistungen gedeckt. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Beklagte entsprechend dem Klagebegehren verurteilt, ungeminderte Leistungen zu bewilligen.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg gab demgegenüber im Ergebnis weitgehend dem Beklagten Recht. In dem in der Rechtsmittelinstanz noch streitbefangenen Zeitraum von Februar bis April 2016 greife die Leistungseinschränkung gemäß § 1 a Abs. 3 AsylbLG in der Fassung von Art. 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722). Bei dem jedenfalls seit Rücknahme der Klage gegen den asylablehnenden Bescheid des BAMF von Februar 2011 ausreisepflichtigen Kläger, der lediglich geduldet sei, könnten aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsrechtliche Maßnahmen nicht vollzogen werden. Er habe pflichtwidrig an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes nicht mitgewirkt, obwohl er der Passpflicht unterliege. Ein solches Dokument verpflichte den ausstellenden Staat zur Wiederaufnahme der betreffenden Person. Er habe sogar auf die kamerunische Botschaft massiv eingewirkt, damit ihm von dort kein Reisepass ausgestellt werde. Eine fehlende Mitwirkung sei auch dann gegeben, wenn ausländische Personen über Jahre hinweg nur unzureichende Bemühungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten unternehmen würden. Objektive Gründe für die Unmöglichkeit des Vollzuges aufenthaltsbeendender Maßnahmen, etwa eine Reiseunfähigkeit, hätten nicht vorlegen, so das Gericht. § 1 a Abs. 3 AsylbLG entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 -) und sei verfassungsgemäß. Die Vorschrift knüpfe allein an ein rechtsmissbräuchliches, steuerbares Verhalten an, nicht dagegen an generell-abstrakte migrationspolitische Erwägungen, das Leistungsniveau niedrig zu halten.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.
Absatz 2 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Für sie endet der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in Satz 1 genannten Personen handelt, gilt Absatz 1 entsprechend.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.01.2019
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online
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Dokument-Nr. 26905
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